Beschluss: zur Kenntnis genommen

 

 


Der Vorsitzende informierte zu Beginn, dass die Bauplanungsrechtsnovelle „Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt“ voraussichtlich im Mai 2017 in Kraft treten werde und die Verwaltung den Ausschuss über die wichtigsten Inhalte in Kenntnis setzen möchte. Er bat Herrn Kieser von der Abteilung Stadtplanung und Stadtentwicklung um weitere Informationen.

 

Herr Kieser hatte eine Präsentation vorbereitet, welche die wichtigsten Grundlagen und Veränderungen des Baugesetzbuches (BauGB), der Baunutzungsverordnung (BauNVO) sowie der Sportanlagenlärmschutzverordnung in komprimierter Form darstellte. Demzufolge kam z.B. als neue Baugebietskategorie für die Baunutzungsverordnung das sogenannte „Urbane Gebiet“ hinzu, welches Gewerbe-, Wohn- und Mischgebiet miteinander vereint bzw. zukünftig vermehrt vereinen soll. Damit soll der Wohnungsbau in Städten erleichtert werden. Denselben Zweck verfolgt die Einführung des Beschleunigten Verfahrens bei Arrondierungsflächen (§ 13b BauGB) sowie die Erleichterung des Wohnungsbaus im unbeplanten Innenbereich (Änderung § 34 Abs. 3a BauGB).

Insbesondere die Einführung des § 13b BauGB kann für Landau als Zugewinn gesehen werden. Dieser Paragraph ermögliche ein beschleunigtes und kostenreduziertes Verfahren bei Arrondierungs- und Außenentwicklungsflächen der Landauer Baulandstrategie. Dadurch könnten neue Impulse gesetzt werden. Allerdings wurde vom Gesetzgeber das beschleunigte Verfahren nach § 13b BauGB zeitlich bis 31.12.2021 begrenzt. Demnach müsste ein Aufstellungsbeschluss für Arrondierungsflächen bis zum Jahr 2019 erfolgt sein. Die Verabschiedung des Bebauungsplans mit Satzungsbeschluss müsste dann bis spätestens 31.12.2021 geschehen.

 

Eine weitere wichtige Einschränkung der Regelung sei, dass nur Arrondierungsflächen mit einer maximalen Größe von einem Hektar überbaubarer Grundstücksfläche in den Genuss des beschleunigten Bebauungsplanverfahrens kommen können.

In den Stadtdörfern Dammheim und Mörlheim sei beispielsweise das Verfahren nach § 13b BauGB direkt anwendbar – auch bei einer kleineren Fläche von 0,4 ha in Arzheim. Die dortigen Neubaugebiete seien schon in der Vorbereitung und könnten als erste von § 13b BauGB profitieren. Anhand einer Karte mit möglichen Neubaugebieten der Gesamtstadt und der voraussichtlich möglichen Anwendung des § 13b BauGB, gab Herr Kieser einen Gesamtüberblick.

 

Ratsmitglied Frau Vogler stellte die Zwischenfrage, ob Herr Kieser bei den Bauflächenangaben von Bruttoflächen ausgehe, was ihr direkt bestätigte wurde. Bei den Flächenangaben in der Übersichtskarte seien auch Grün- und Ausgleichsflächen sowie allgemeine Verkehrsflächen enthalten, die letztendlich nicht zu der Fläche des einen Hektar Baulands (10.000 m²) gerechnet werden dürften.

 

Herr Kieser fuhr mit seinem Vortrag fort und ging auf den neu eingeführten Absatz 3a des § 34 BauGB als neues Förderinstrument für die Innenentwicklung ein. Hier würde es um Nutzungsänderungen sämtlicher baulicher Anlagen hin zu Wohnzwecken gehen. Bisher galt dies nur bei einer beabsichtigten Nutzungsänderung von Gewerbe- und Handwerksbetrieben. Nun sei jedoch die Vornutzung der baulichen Anlagen dem Gesetzgeber gleichgültig. Ziel auch hier sei, die Förderung der Flächenrevitalisierung und Gebäudeumnutzung in Einzelfällen.

 

Herr Kieser berichtete außerdem über die zweite große Änderung in der Bauplanungsrechtsnovelle: Die Änderung der Baunutzungsverordnung (BauNVO).

Hier wurde eine Ergänzung in Form des § 6a „Urbane Gebiete MU“ eingeführt, dessen Definition von Herrn Kieser zitiert wurde. Die Bundesregierung strebe mit der Ergänzung der BauNVO an, durchmischte Stadtgebiete der „kurzen Wege“ zu schaffen. Dabei sollen kulturelle, soziale und andere „nicht wesentlich störende“ Nutzungen miteinander verknüpft oder gemischt werden.

 

Ratsmitglied Herr Scheid fragte in diesem Zusammenhang nach, was unter „nicht wesentlich störend“ der zuvor zitierten Definition zu verstehen sei, da diese Begrifflichkeit doch sehr dehnbar betrachtet werden könnte. Herr Kamplade erklärte, dass zum Beispiel ein Schreinereibetrieb als störendes Gewerbe betitelt werde. Ein Nagelstudio hingegen sei der Kategorie „nicht wesentlich störendes Gewerbe“ zuzuordnen.

 

Ratsmitglied Herr Eisold wollte ebenfalls in diesem Zusammenhang in Erfahrung bringen, wie damit umgegangen werden soll, wenn erst später z.B. eine Lärmbelästigung auftreten würde und die Nachbarn sich beschweren würden. Regle der neue Paragraph dies? Herr Kieser bejahte Letzteres und betonte, dass genau deshalb der Paragraph geschaffen bzw. verabschiedet wurde. In einem „Urbanen Gebiet“ Wohnende oder Gewerbetreibende müssten in einem höheren Maße aufeinander Rücksicht nehmen und letztlich höhere Lautstärken dulden.

 

Herr Kieser zeigte eine Übersicht über bereits bekannte Gebietskategorien, die nun durch „Urbane Gebiete MU“ ergänzt werden. Ziel sei, in den neuen urbanen Gebieten eine Wohnbebauung von über 50 % zu ermöglichen. Im Vergleich hierzu sei in Mischgebieten die Wohnbebauung nur bis zu max. 50 % möglich. Auch die Bebauungsdichte (GRZ) sei höher, ähnlich wie in Gewerbegebieten. Bei einer Geschossflächenzahl (GFZ) von max. 3,0 orientieren sich zudem Urbane Gebiete an Kerngebiete und liegen damit dreimal so hoch als in Mischgebieten. Bezüglich des Lärmpegels Urbaner Gebiete wäre geregelt, dass dieser höher als in Misch- und Kerngebieten aber niedriger als im Gewerbegebiet sein dürfte.

Die Etablierung Urbaner Gebiete wäre in der Landauer Innenstadt und in Teilbereichen des Wohnparks Am Ebenberg sowie in Teilbereichen des Gebiets der Vorbereitenden Untersuchung im Südwesten denkbar bzw. möglich.

 

Der letzte Punkt des Vortrags befasste sich mit den Änderungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung. Auf vorhandenen Sportplätzen der Spielbetrieb intensiviert werden können. Hierfür wurden die abendlichen Ruhezeiten in der Verordnung gelockert. Demnach könnte ein Trainingsbetrieb bis 22:00 Uhr, ohne Einschränkungen, stattfinden. An Sonn- und Feiertagen gelten ebenfalls gelockerte Ruhezeiten. Insgesamt werde die Dauer des zeitlich zulässigen Spielbetriebs um das Dreifache erweitert. Für die Städteplanung bedeute die Änderung, dass ab sofort Wohnbereiche näher an Sportstätten rücken dürfen, weil die Mindestabstände von 150 m auf 85 m reduziert wurden.

Eine weitere Änderung der Sportanlagenlärmschutzverordnung sei die Konkretisierung des Altanlagenbonus. Bislang erhielten Sportstätten bei Modernisierungsmaßnahmen jeglicher Art den Status eines Neubaus. Auf Grund dessen wurde vom Gesetzgeber eine Maßnahmenliste für Modernisierungen aufgestellt, damit die Betriebszeiten im Bestand (da tatsächlich kein Neubau) geschützt sind. Hierbei spiele auch die Sportart keine Rolle.

 

Abschließend fasste Herr Kieser die wesentlichen Fakten zusammen und der Vorsitzende dankte Herrn Kieser für die komprimierten Darstellungen. Der Vorsitzende schloss aus, dass Landau sich zu einem einzigen urbanen Gebiet entwickeln würde oder es in der Stadt immer lauter werde. Es sei löblich, dass das Wohnen, Arbeiten und nun auch sportliche Tätigkeiten näher zusammenrücken können. Planungen seien somit viel flexibler und örtlich auch schneller möglich. Nun sei eine größere Handhabe für Planungsprozesse gegeben, was positiv betrachtet werden könne – auch im Sinne einer zeitgemäßen Stadtentwicklung.

 

Ratsmitglied Herr Wagner wollte wissen, ob § 13b BauGB bis 2019/2021 zeitlich begrenzt sei und eine einmalige Sache wäre, was ihm von Herrn Kieser direkt bestätigt wurde. Es ginge dem Gesetzgeber in erster Linie darum, die Nachfrage nach Wohnraum schnellstmöglich zu befriedigen.

 

Ratsmitglied Herr Freiermuth nahm Bezug auf die zeitlich gestufte Neubaulandentwicklung der Initiative „Landau baut Zukunft“ innerhalb der Stadtdörfer. Er wollte daher wissen, was die Novelle (hier: § 13b BauGB) für die Stadtdörfer bedeute, da eine Entwicklung bis ca. 2027 in drei Stufen geplant sei. Herr Kamplade dankte Herrn Freiermuth für diesen Denkansatz und stellte klar, dass eine Entwicklung der gesamten Neubauflächen auf einmal nicht machbar wäre und es keinesfalls zu einem „Schnellschuss“ kommen sollte. Auch im Hinblick auf vorhandene Kapazitäten in finanziellen und personellen Bereichen. Entwicklungen und Planungen seien auch ohne den neuen § 13b BauGB möglich, sie würden lediglich etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen. Herr Kamplade versicherte, dass die Neuerung des § 13 BauGB durchaus in die Betrachtung und Bewertung der Prioritätenlisten aufgenommen werde. Entscheidend sei, so Herr Kamplade, dass man dem prognostizierten Bevölkerungswachstum der nächsten 15 Jahre flexibel entgegentrete. Letztendlich sollte nicht am Bedarf vorbei entwickelt werden. Herr Kamplade empfiehlt daher, bei dem gestuften Verfahren bzgl. Neubaulandentwicklung zu bleiben und das beschleunigte Verfahren dort anzuwenden, wo es sich anbietet.

 

Ratsmitglied Herr Löffel fragte ebenfalls, ob in irgendeiner Form der angestrebte Zeitplan beschleunigt werden könnte, um dadurch auch Kostenersparnisse zu erzielen. Herr Kamplade wiederholte, dass die fachliche Empfehlung laute, am bisher vorgeschlagenen Zeitplan festzuhalten und das planungsrechtliche Instrumentarium dort anzuwenden, wo es sich anbietet.

 

Ratsmitglied Herr Heuberger erkundigte sich nach den zulässigen Lärmwerten von Wohngebieten und ob dort auch der § 13b BauGB angewendet werden würde. Herr Kamplade erklärte, dass die Anwendung der Novelle nicht nur auf Neubaugebiete beschränkt sei, sondern das Instrument „§ 13b“ auf Bestandsgebiete anwendbar wäre. Herr Kamplade stellte klar, dass aus einem Wohngebiet nicht plötzlich ein urbanes Gebiet gestaltet oder entwickelt werden könne und alles dürfe nun lauter sein. Prinzipiell sollte den Gemeinden die Möglichkeit gegeben werden, sich planerisch weiterzuentwickeln und keine Gewerbetreibenden, durch beispielsweise Nachbarschaftsklagen, zu verdrängen. Es bestünde keine Gefahr, dass Bewohner ruhiger Wohngebiete nun befürchten müssten, dass ein lärmender Gastronomiebetrieb sich vor der Haustür ansiedeln würde. Dies könne ausgeschlossen werden. Urbane Gebiete müssen von der Stadt gewollt sein, so Herr Kamplade, und Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung aller Belange sein, zu denen auch die Wohnruhe in bestehenden Wohngebieten gehöre.

 

Ratsmitglied Frau Vogler nahm Bezug auf die Meldungen ihrer Vorredner, Herr Freiermuth und Herr Löffel, und verwies auf den im nächsten Stadtrat zu behandelnden Antrag der SPD-Stadtratsfraktion vom 08.03.2017. In diesem Antrag formulierte die SPD den Wunsch, von drei Entwicklungsstufen für Neubauflächen auf zwei Stufen zu reduzieren. Somit könne der Entwicklungsprozess insgesamt beschleunigt werden.

Eine Frage von Frau Vogler richtete sich auf die schneller abzuschließende Umweltplanung und wie man sich dies vorstellen könne. Herr Kieser antwortete hierzu, dass eine Umweltprüfung nach formellen Vorschriften durchzuführen sei. Eine Darlegung der Ergebnisse müsse mittels Bericht erfolgen, welcher auch formelle Vorschriften enthält. Beim beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB gebe es diese formellen Vorschriften nicht, dennoch müsse man sich intensiv mit den Umweltaspekten befassen und die Ergebnisse mit Begründungen darlegen. Vom Untersuchungsumfang würde trotzdem etwas wegfallen. Bildlich dargestellt, würde sich der Prüfbericht von ca. 100 Seiten (im formellen Verfahren) auf ca. 20 Seiten (beschleunigtes Verfahren nach § 13b BauGB) reduzieren. Herr Schneider ergänzte hier, dass im BauGB genau festgelegt sei, was im UVP-Bericht (UVP = Umweltverträglichkeitsprüfung) enthalten sein muss. Vorteil sei, dass ein „Vorscreening“ der Fläche, falls nichts entdeckt wurde, ausreichend sei und dann nicht weiter in die Tiefe gegangen oder weiter untersucht werden müsste.

 

Ratsmitglied Herr Lichtenthäler stellte zwei für ihn wesentliche Punkte in den Vordergrund. Zum einen sei die Neuaufstellung des Flächennutzungsplans (FNP) nötig. Ohne einen FNP käme man mit § 13b BauGB nicht sehr weit. Zum anderen stellte Herr Lichtenthäler die Frage, ob die Entwicklung von Arrondierungsflächen durch die Novelle wie geplant berücksichtigt werden könnte. Zu letzteren Punkt verwies Herr Kieser auf § 13b BauGB, der besagt, dass „Flächen, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen, die Voraussetzungen für ein beschleunigtes Verfahren erfüllen.“. Im Klartext würde dies heißen, so die Ergänzung von Herrn Kamplade, dass die Flächen im Außenbereich liegen dürfen. Herr Schneider informierte, dass in der Landauer Baulandstrategie der Begriff „Arrondierung“ etwas anders als im BauGB definiert werde. Demnach sei im BauGB jede Fläche, die größer als 1 ha ist, eine Arrondierungsfläche. In der Baulandstrategie hingegen, seien die Neubauflächen anders eingestuft. Weiterhin ergänzte Herr Schneider zum Thema „Flächennutzungsplan“, dass die Belange der Raumordnung auch weiterhin im Aufstellungsverfahren zu beachten seien.

 

Ratsmitglied Herr Wagner fragte, ob die Präsentation von Herrn Kieser den Ratsmitgliedern zur Verfügung gestellt werden könnte. Dies wurde ihm seitens des Vorsitzenden zugesagt.

 

Ratsmitglied Herr Freiermuth nahm Bezug auf die Alla-Hopp Anlage in Edenkoben und die dortige Lärmproblematik und Beschwerden der Anwohner. Herr Kamplade erklärte, dass in der Novelle eine Privilegierung für Freizeit- und Vereinssport vorgesehen In welche Kategorie die Alla-Hopp Anlage falle, könne er ohne weiteres nicht sagen.

 

Ratsmitglied Herr Lerch wollte sich vergewissern, dass neun von insgesamt elf Arrondierungsflächen unter den § 13b BauGB fallen würden und ob nicht doch ein anderes Zeitfenster hinsichtlich der Neubaulandentwicklung zum Tragen kommen könnte. Herr Kamplade rät weiterhin dringend am bisherigen Zeitplan festzuhalten. Eine Verlängerung der befristeten Gesetzeslage könne nicht ausgeschlossen werden. Die Landauer Baulandpolitik solle sich nicht nach bundesrechtlichen Fristen ausrichten, sondern am örtlichen Bedarf orientieren.

 

Ratsmitglied Herr Eichhorn kam auf Herrn Freiermuths Wortmeldung bzgl. der Spielplatzanlage „Alla-Hopp“ zurück und betonte, dass ein Kinderspielplatz zur Kategorie „Freizeitsport“ zähle. Die Alla-Hopp Anlage sei demnach als Spielplatz zu werten.

 

Nachdem keine weiteren Wortmeldungen zu erkennen waren, schloss der Vorsitzende den Tagesordnungspunkt.