Sitzung: 14.03.2017 Bauausschuss
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Der Vorsitzende informierte zu Beginn, dass die
Bauplanungsrechtsnovelle „Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt“
voraussichtlich im Mai 2017 in Kraft treten werde und die Verwaltung den
Ausschuss über die wichtigsten Inhalte in Kenntnis setzen möchte. Er bat Herrn
Kieser von der Abteilung Stadtplanung und Stadtentwicklung um weitere
Informationen.
Herr Kieser hatte eine Präsentation vorbereitet,
welche die wichtigsten Grundlagen und Veränderungen des Baugesetzbuches
(BauGB), der Baunutzungsverordnung (BauNVO) sowie der Sportanlagenlärmschutzverordnung
in komprimierter Form darstellte. Demzufolge kam z.B. als neue
Baugebietskategorie für die Baunutzungsverordnung das sogenannte „Urbane
Gebiet“ hinzu, welches Gewerbe-, Wohn- und Mischgebiet miteinander vereint bzw.
zukünftig vermehrt vereinen soll. Damit soll der Wohnungsbau in Städten
erleichtert werden. Denselben Zweck verfolgt die Einführung des Beschleunigten
Verfahrens bei Arrondierungsflächen (§ 13b BauGB) sowie die Erleichterung des
Wohnungsbaus im unbeplanten Innenbereich (Änderung § 34 Abs. 3a BauGB).
Insbesondere die Einführung des § 13b BauGB kann für
Landau als Zugewinn gesehen werden. Dieser Paragraph ermögliche ein
beschleunigtes und kostenreduziertes Verfahren bei Arrondierungs- und
Außenentwicklungsflächen der Landauer Baulandstrategie. Dadurch könnten neue
Impulse gesetzt werden. Allerdings wurde vom Gesetzgeber das beschleunigte
Verfahren nach § 13b BauGB zeitlich bis 31.12.2021 begrenzt. Demnach müsste ein
Aufstellungsbeschluss für Arrondierungsflächen bis zum Jahr 2019 erfolgt sein.
Die Verabschiedung des Bebauungsplans mit Satzungsbeschluss müsste dann bis
spätestens 31.12.2021 geschehen.
Eine weitere wichtige Einschränkung der Regelung sei,
dass nur Arrondierungsflächen mit einer maximalen Größe von einem Hektar überbaubarer
Grundstücksfläche in den Genuss des beschleunigten Bebauungsplanverfahrens
kommen können.
In den Stadtdörfern Dammheim und Mörlheim sei
beispielsweise das Verfahren nach § 13b BauGB direkt anwendbar – auch bei einer
kleineren Fläche von 0,4 ha in Arzheim. Die dortigen Neubaugebiete seien schon
in der Vorbereitung und könnten als erste von § 13b BauGB profitieren. Anhand
einer Karte mit möglichen Neubaugebieten der Gesamtstadt und der
voraussichtlich möglichen Anwendung des § 13b BauGB, gab Herr Kieser einen
Gesamtüberblick.
Ratsmitglied Frau Vogler stellte die
Zwischenfrage, ob Herr Kieser bei den Bauflächenangaben von Bruttoflächen
ausgehe, was ihr direkt bestätigte wurde. Bei den Flächenangaben in der
Übersichtskarte seien auch Grün- und Ausgleichsflächen sowie allgemeine
Verkehrsflächen enthalten, die letztendlich nicht zu der Fläche des einen
Hektar Baulands (10.000 m²) gerechnet werden dürften.
Herr Kieser fuhr mit seinem Vortrag fort und ging auf
den neu eingeführten Absatz 3a des § 34 BauGB als neues Förderinstrument für
die Innenentwicklung ein. Hier würde es um Nutzungsänderungen sämtlicher
baulicher Anlagen hin zu Wohnzwecken gehen. Bisher galt dies nur bei einer
beabsichtigten Nutzungsänderung von Gewerbe- und Handwerksbetrieben. Nun sei jedoch
die Vornutzung der baulichen Anlagen dem Gesetzgeber gleichgültig. Ziel auch
hier sei, die Förderung der Flächenrevitalisierung und Gebäudeumnutzung in
Einzelfällen.
Herr Kieser berichtete außerdem über die zweite große
Änderung in der Bauplanungsrechtsnovelle: Die Änderung der
Baunutzungsverordnung (BauNVO).
Hier wurde eine Ergänzung in Form des § 6a „Urbane
Gebiete MU“ eingeführt, dessen Definition von Herrn Kieser zitiert wurde. Die
Bundesregierung strebe mit der Ergänzung der BauNVO an, durchmischte
Stadtgebiete der „kurzen Wege“ zu schaffen. Dabei sollen kulturelle, soziale
und andere „nicht wesentlich störende“ Nutzungen miteinander verknüpft oder
gemischt werden.
Ratsmitglied Herr Scheid fragte in
diesem Zusammenhang nach, was unter „nicht wesentlich störend“ der zuvor
zitierten Definition zu verstehen sei, da diese Begrifflichkeit doch sehr
dehnbar betrachtet werden könnte. Herr Kamplade erklärte, dass zum Beispiel ein
Schreinereibetrieb als störendes Gewerbe betitelt werde. Ein Nagelstudio
hingegen sei der Kategorie „nicht wesentlich störendes Gewerbe“ zuzuordnen.
Ratsmitglied Herr Eisold wollte
ebenfalls in diesem Zusammenhang in Erfahrung bringen, wie damit umgegangen
werden soll, wenn erst später z.B. eine Lärmbelästigung auftreten würde und die
Nachbarn sich beschweren würden. Regle der neue Paragraph dies? Herr Kieser
bejahte Letzteres und betonte, dass genau deshalb der Paragraph geschaffen bzw.
verabschiedet wurde. In einem „Urbanen Gebiet“ Wohnende oder Gewerbetreibende
müssten in einem höheren Maße aufeinander Rücksicht nehmen und letztlich höhere
Lautstärken dulden.
Herr Kieser zeigte eine Übersicht über bereits
bekannte Gebietskategorien, die nun durch „Urbane Gebiete MU“ ergänzt werden.
Ziel sei, in den neuen urbanen Gebieten eine Wohnbebauung von über 50 % zu
ermöglichen. Im Vergleich hierzu sei in Mischgebieten die Wohnbebauung nur bis
zu max. 50 % möglich. Auch die Bebauungsdichte (GRZ) sei höher, ähnlich wie in
Gewerbegebieten. Bei einer Geschossflächenzahl (GFZ) von max. 3,0 orientieren
sich zudem Urbane Gebiete an Kerngebiete und liegen damit dreimal so hoch als
in Mischgebieten. Bezüglich des Lärmpegels Urbaner Gebiete wäre geregelt, dass
dieser höher als in Misch- und Kerngebieten aber niedriger als im Gewerbegebiet
sein dürfte.
Die Etablierung Urbaner Gebiete wäre in der Landauer
Innenstadt und in Teilbereichen des Wohnparks Am Ebenberg sowie in
Teilbereichen des Gebiets der Vorbereitenden Untersuchung im Südwesten denkbar
bzw. möglich.
Der letzte Punkt des Vortrags befasste sich mit den
Änderungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung. Auf vorhandenen Sportplätzen
der Spielbetrieb intensiviert werden können. Hierfür wurden die abendlichen
Ruhezeiten in der Verordnung gelockert. Demnach könnte ein Trainingsbetrieb bis
22:00 Uhr, ohne Einschränkungen, stattfinden. An Sonn- und Feiertagen gelten
ebenfalls gelockerte Ruhezeiten. Insgesamt werde die Dauer des zeitlich
zulässigen Spielbetriebs um das Dreifache erweitert. Für die Städteplanung
bedeute die Änderung, dass ab sofort Wohnbereiche näher an Sportstätten rücken
dürfen, weil die Mindestabstände von 150 m auf 85 m reduziert wurden.
Eine weitere Änderung der
Sportanlagenlärmschutzverordnung sei die Konkretisierung des Altanlagenbonus.
Bislang erhielten Sportstätten bei Modernisierungsmaßnahmen jeglicher Art den
Status eines Neubaus. Auf Grund dessen wurde vom Gesetzgeber eine
Maßnahmenliste für Modernisierungen aufgestellt, damit die Betriebszeiten im
Bestand (da tatsächlich kein Neubau) geschützt sind. Hierbei spiele auch die
Sportart keine Rolle.
Abschließend fasste Herr Kieser die wesentlichen
Fakten zusammen und der Vorsitzende dankte Herrn Kieser für die komprimierten
Darstellungen. Der Vorsitzende schloss aus, dass Landau sich zu einem einzigen
urbanen Gebiet entwickeln würde oder es in der Stadt immer lauter werde. Es sei
löblich, dass das Wohnen, Arbeiten und nun auch sportliche Tätigkeiten näher
zusammenrücken können. Planungen seien somit viel flexibler und örtlich auch
schneller möglich. Nun sei eine größere Handhabe für Planungsprozesse gegeben,
was positiv betrachtet werden könne – auch im Sinne einer zeitgemäßen
Stadtentwicklung.
Ratsmitglied Herr Wagner wollte wissen,
ob § 13b BauGB bis 2019/2021 zeitlich begrenzt sei und eine einmalige Sache
wäre, was ihm von Herrn Kieser direkt bestätigt wurde. Es ginge dem Gesetzgeber
in erster Linie darum, die Nachfrage nach Wohnraum schnellstmöglich zu
befriedigen.
Ratsmitglied Herr Freiermuth nahm Bezug auf
die zeitlich gestufte Neubaulandentwicklung der Initiative „Landau baut
Zukunft“ innerhalb der Stadtdörfer. Er wollte daher wissen, was die Novelle
(hier: § 13b BauGB) für die Stadtdörfer bedeute, da eine Entwicklung bis ca.
2027 in drei Stufen geplant sei. Herr Kamplade dankte Herrn Freiermuth für
diesen Denkansatz und stellte klar, dass eine Entwicklung der gesamten
Neubauflächen auf einmal nicht machbar wäre und es keinesfalls zu einem
„Schnellschuss“ kommen sollte. Auch im Hinblick auf vorhandene Kapazitäten in
finanziellen und personellen Bereichen. Entwicklungen und Planungen seien auch
ohne den neuen § 13b BauGB möglich, sie würden lediglich etwas mehr Zeit in
Anspruch nehmen. Herr Kamplade versicherte, dass die Neuerung des § 13 BauGB
durchaus in die Betrachtung und Bewertung der Prioritätenlisten aufgenommen
werde. Entscheidend sei, so Herr Kamplade, dass man dem prognostizierten
Bevölkerungswachstum der nächsten 15 Jahre flexibel entgegentrete. Letztendlich
sollte nicht am Bedarf vorbei entwickelt werden. Herr Kamplade empfiehlt daher,
bei dem gestuften Verfahren bzgl. Neubaulandentwicklung zu bleiben und das
beschleunigte Verfahren dort anzuwenden, wo es sich anbietet.
Ratsmitglied Herr Löffel fragte
ebenfalls, ob in irgendeiner Form der angestrebte Zeitplan beschleunigt werden
könnte, um dadurch auch Kostenersparnisse zu erzielen. Herr Kamplade
wiederholte, dass die fachliche Empfehlung laute, am bisher vorgeschlagenen
Zeitplan festzuhalten und das planungsrechtliche Instrumentarium dort
anzuwenden, wo es sich anbietet.
Ratsmitglied Herr Heuberger erkundigte
sich nach den zulässigen Lärmwerten von Wohngebieten und ob dort auch der § 13b
BauGB angewendet werden würde. Herr Kamplade erklärte, dass die Anwendung der
Novelle nicht nur auf Neubaugebiete beschränkt sei, sondern das Instrument „§
13b“ auf Bestandsgebiete anwendbar wäre. Herr Kamplade stellte klar, dass aus
einem Wohngebiet nicht plötzlich ein urbanes Gebiet gestaltet oder entwickelt
werden könne und alles dürfe nun lauter sein. Prinzipiell sollte den Gemeinden
die Möglichkeit gegeben werden, sich planerisch weiterzuentwickeln und keine
Gewerbetreibenden, durch beispielsweise Nachbarschaftsklagen, zu verdrängen. Es
bestünde keine Gefahr, dass Bewohner ruhiger Wohngebiete nun befürchten
müssten, dass ein lärmender Gastronomiebetrieb sich vor der Haustür ansiedeln
würde. Dies könne ausgeschlossen werden. Urbane Gebiete müssen von der Stadt
gewollt sein, so Herr Kamplade, und Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung aller
Belange sein, zu denen auch die Wohnruhe in bestehenden Wohngebieten gehöre.
Ratsmitglied Frau Vogler nahm Bezug auf
die Meldungen ihrer Vorredner, Herr Freiermuth und Herr Löffel, und verwies auf
den im nächsten Stadtrat zu behandelnden Antrag der SPD-Stadtratsfraktion vom
08.03.2017. In diesem Antrag formulierte die SPD den Wunsch, von drei
Entwicklungsstufen für Neubauflächen auf zwei Stufen zu reduzieren. Somit könne
der Entwicklungsprozess insgesamt beschleunigt werden.
Eine Frage von Frau Vogler richtete sich auf die
schneller abzuschließende Umweltplanung und wie man sich dies vorstellen könne.
Herr Kieser antwortete hierzu, dass eine Umweltprüfung nach formellen
Vorschriften durchzuführen sei. Eine Darlegung der Ergebnisse müsse mittels
Bericht erfolgen, welcher auch formelle Vorschriften enthält. Beim
beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB gebe es diese formellen Vorschriften
nicht, dennoch müsse man sich intensiv mit den Umweltaspekten befassen und die
Ergebnisse mit Begründungen darlegen. Vom Untersuchungsumfang würde trotzdem
etwas wegfallen. Bildlich dargestellt, würde sich der Prüfbericht von ca. 100
Seiten (im formellen Verfahren) auf ca. 20 Seiten (beschleunigtes Verfahren
nach § 13b BauGB) reduzieren. Herr Schneider ergänzte hier, dass im BauGB genau
festgelegt sei, was im UVP-Bericht (UVP = Umweltverträglichkeitsprüfung) enthalten
sein muss. Vorteil sei, dass ein „Vorscreening“ der Fläche, falls nichts
entdeckt wurde, ausreichend sei und dann nicht weiter in die Tiefe gegangen
oder weiter untersucht werden müsste.
Ratsmitglied Herr Lichtenthäler stellte zwei
für ihn wesentliche Punkte in den Vordergrund. Zum einen sei die Neuaufstellung
des Flächennutzungsplans (FNP) nötig. Ohne einen FNP käme man mit § 13b BauGB
nicht sehr weit. Zum anderen stellte Herr Lichtenthäler die Frage, ob die
Entwicklung von Arrondierungsflächen durch die Novelle wie geplant
berücksichtigt werden könnte. Zu letzteren Punkt verwies Herr Kieser auf § 13b
BauGB, der besagt, dass „Flächen, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile
anschließen, die Voraussetzungen für ein beschleunigtes Verfahren erfüllen.“.
Im Klartext würde dies heißen, so die Ergänzung von Herrn Kamplade, dass die
Flächen im Außenbereich liegen dürfen. Herr Schneider informierte, dass in der
Landauer Baulandstrategie der Begriff „Arrondierung“ etwas anders als im BauGB
definiert werde. Demnach sei im BauGB jede Fläche, die größer als 1 ha ist,
eine Arrondierungsfläche. In der Baulandstrategie hingegen, seien die
Neubauflächen anders eingestuft. Weiterhin ergänzte Herr Schneider zum Thema
„Flächennutzungsplan“, dass die Belange der Raumordnung auch weiterhin im
Aufstellungsverfahren zu beachten seien.
Ratsmitglied Herr Wagner fragte, ob die
Präsentation von Herrn Kieser den Ratsmitgliedern zur Verfügung gestellt werden
könnte. Dies wurde ihm seitens des Vorsitzenden zugesagt.
Ratsmitglied Herr Freiermuth nahm Bezug auf
die Alla-Hopp Anlage in Edenkoben und die dortige Lärmproblematik und
Beschwerden der Anwohner. Herr Kamplade erklärte, dass in der Novelle eine
Privilegierung für Freizeit- und Vereinssport vorgesehen In welche Kategorie
die Alla-Hopp Anlage falle, könne er ohne weiteres nicht sagen.
Ratsmitglied Herr Lerch wollte sich
vergewissern, dass neun von insgesamt elf Arrondierungsflächen unter den § 13b
BauGB fallen würden und ob nicht doch ein anderes Zeitfenster hinsichtlich der
Neubaulandentwicklung zum Tragen kommen könnte. Herr Kamplade rät weiterhin
dringend am bisherigen Zeitplan festzuhalten. Eine Verlängerung der befristeten
Gesetzeslage könne nicht ausgeschlossen werden. Die Landauer Baulandpolitik
solle sich nicht nach bundesrechtlichen Fristen ausrichten, sondern am
örtlichen Bedarf orientieren.
Ratsmitglied Herr Eichhorn kam auf Herrn
Freiermuths Wortmeldung bzgl. der Spielplatzanlage „Alla-Hopp“ zurück und
betonte, dass ein Kinderspielplatz zur Kategorie „Freizeitsport“ zähle. Die
Alla-Hopp Anlage sei demnach als Spielplatz zu werten.
Nachdem keine weiteren Wortmeldungen zu erkennen
waren, schloss der Vorsitzende den Tagesordnungspunkt.