Beschluss: zur Kenntnis genommen

Abstimmung: Befangen: 1

 

 


Zu Beginn erklärte Ratsmitglied Herr Lichtenthäler, dass er sich während der Besprechung des Tagesordnungspunktes in den Zuschauerraum begeben werde. Grund hierfür sei, dass er in dem Gebiet einen Pachtgarten besitze und somit befangen sei.

 

Der Vorsitzende bat Herrn Kieser der Abteilung Stadtplanung und Stadtentwicklung mit seiner Präsentation zu beginnen. Zuvor betonte der Vorsitzende, dass frühzeitig auf die Quecksilberfunde reagiert und die Öffentlichkeit entsprechend informiert wurde. Eine übermäßige Verunsicherung seitens der Bürger war nicht zu spüren oder festzustellen.

 

Der Vortrag von Herrn Kieser orientierte sich an verschiedenen Themenbereichen der ehemaligen Bahnfläche: Die Fläche an sich mit der entsprechenden Historie, verschiedene Fachthemen (z.B. Arten-, Natur- und Bodenschutz, Kampfmittelsondierung, Denkmalschutz der Festungsanlage, Entwässerung und Renaturierung der Queich sowie Lärmschutz und Verkehr) und abschließend mit möglichen Nutzungskonzepten.

 

Die Fläche des Bahnareals betrage insgesamt ca. 6,3 ha, die in fünf Teilflächen gegliedert betrachtet werden müsse. Neben potentiellen Wohnbauflächen wird ein erheblicher Teil der Flächen dem Naturschutz oder Kleingärten vorbehalten bleiben.

Herr Kieser berichtete, dass bereits in den Jahren 2000 bis 2002 ein Investor zusammen mit der TU Kaiserslautern das Areal untersuchte. Die Entwicklung scheiterte damals jedoch an den unkalkulierbaren Altlastenfragen. Seit 2016 führe nun die Stadt Landau mit der Eigentümerin, dem Bundeseisenbahnvermögen (BEV), Grunderwerbsverhandlungen zum Gesamtflächenpaket (= 63.348 m²), weil einzelne Grundstücke nicht vom Rest losgelöst erworben werden könnten.

Ziel der Stadt sei, so Herr Kieser, eine wohnbauliche Entwicklung ab 2020 auf der Fläche zu initiieren. Anhand einer historischen Karte zeigte Herr Kieser, dass etwa 30 Gleise auf dem Areal verliefen.

 

Hinsichtlich des Arten- und Naturschutzes erklärte Herr Kieser, dass schätzungsweise mehrere hundert Mauereidechsen auf dem Areal leben würden und mindestens 16 Vogel,- fünf Schmetterlings- und drei Heuschreckenarten auf dem Gelände vorgefunden wurden, auf die Rücksicht genommen werden müsste. Eine genauere Bestandsaufnahme sei noch notwendig. Vor Beginn jeglicher Arbeiten müssten vor allem die unterschutzstehenden Mauereidechsen auf Ausweichflächen umgesiedelt werden. Hierbei handle es sich um eine sogenannte „Vorgezogene Maßnahme“ (= CEF), die vergleichbar mit den damaligen Maßnahmen für die Fläche des heutigen Wohnparks Am Ebenberg seien. Im Südosten der Fläche werden zudem Vorkommen von Fledermäusen vermutet, was allerdings noch mittels einer Bestandsaufnahme geklärt werden müsste.

 

Herr Kieser berichtete in Bezug auf die Fachthemen Bodenschutz, Abfallrecht und Kampfmittel, dass erfreulicherweise bereits in den Jahren 1999 bis 2001 sowie 2016/2017 hierzu Bodenuntersuchungen stattfanden. Eine vor der letzten Untersuchung im Jahr 2016 erfolgte Kontaktaufnahme mit dem damaligen Gutachterbüro verdeutlichte, dass mittlerweile andere Richtlinien zum Greifen kamen und eine daran angepasste Untersuchung durchaus sinnvoll wäre. Somit konnte im Jahr 2016 eine weitere Untersuchung veranlasst werden, die oberflächennah auf großen Teilflächen Belastungen mit Quecksilber, welche damals nicht untersucht wurden, und teilweise geringere Belastungen mit Pestiziden sowie PAK (Anm.: Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe; krebserregend) feststellte. Anhand eines Schaubildes zeigte Herr Kieser die Flächen mit dem jeweiligen Verschmutzungsgrad. Er erklärte, dass die Bahnschwellen damals, um besser vor Fäulnis geschützt zu sein, mit Quecksilberchlorid behandelt wurden und dies letztendlich der Grund für die Verunreinigung sei. Momentan bestünde kein Handlungsbedarf, da die Fläche nicht wohnbaulich genutzt werde. Sie sei zwar als Freiraum zugänglich, aber für Leib und Leben stellen die Quecksilberfunde keine Gefahr dar. Möglicherweise sei ein Handlungsbedarf bei der Kleingartenfläche erforderlich, da dort Gemüse angebaut werde. Weiterhin sei auf dem Brachgelände großflächig mit Bomben und Granaten zu rechnen. Diese sind unglücklicherweise nicht ohne weiteres zu orten. Es würden sich zu viele (metallische) Störstoffe, die die Untersuchung verfälschen, im Oberboden befinden. Demnach müsste zunächst der Oberboden bis -0,5 m abgetragen werden, bevor nach Kampfmitteln sondiert werden könnte. Sobald allerdings der Oberboden mit der Quecksilberverschmutzung „bewegt“ werde, müsste dieser abfallrechtlich deponiert und entsorgt werden.

 

Zum Thema Denkmalschutz und Festungsanlagen ergab sich erst eine Woche vor der Bauausschusssitzung, am 07.03.2017, eine Neuerung, da ein Luftschutz-Deckungsgraben aus den 1930er Jahren zum Kulturdenkmal erklärt wurde. Das unscheinbare und gut getarnte Bauwerk liegt in einem Garten direkt unterhalb der Horstbrücke. Der damals vom Reichsluftschutzbund errichtete Deckungsgraben bot für bis zu 25 Personen Schutz vor Trümmern, Splittern und Gas.

Die im Februar 2017 ebenfalls unterschutzgestellte Festungsanlage stelle weiterhin eine Unbekannte bei der Untersuchung des Areals dar. Es sei derzeit noch völlig unklar, was im Bereich der Dammühlschanze hinsichtlich von Festungsresten im Untergrund noch zu erwarten wäre. Somit müsste ein Bereich von ca. 17.000 m² des Geländestreifens im Bereich der Queich (Anm.: 120 m nördlich und 30 m südlich) zunächst von der Bebauung ausgespart werden. Das sogenannte Werk 127, oder auch im Volksmund „Dammühlschanze“, diente als Überwachungsbauwerk, dessen genaues Ausmaß erst nach dem Abtragen des Oberbodens zu ermitteln sei.

 

Als weiteres Fachthema nannte Herr Kieser die Entwässerung und Renaturierung der Queich. Bisher würde Regenwasser aus dem Stadtgebiet ungefiltert nach Starkregenereignissen durch einen Kanal in die Queich fließen. Zur vorherigen Reinigung des Niederschlagwassers wäre ein Bodenfilterbecken mit einer Größe von einem Hektar, das südlich der Queich vom Entsorgungs- und Wirtschaftsbetrieb (EWL) errichtet werden könnte, notwendig. Ansonsten sei die Entwässerung des neuen Wohngebietes unproblematisch.

Herr Kieser sprach zudem davon, dass eine ca. 100 m lange Überdeckung der Queich wieder entfernt werden könnte. Für diesen Zweck der Renaturierung könnten sogar entsprechende Fördermittel beantragt werden.

 

Beim Fachthema Lärmschutz und Verkehr ging Herr Kieser auf ein Schallgutachten aus dem Jahr 2000 ein. Demnach sei eine 2,5 m hohe und 350 m lange Lärmschutzwand notwendig, um den Bahnlärm abzuschirmen. Auch die Einhaltung von Abstandsflächen zur Horstbrücke hin (ca. 50 m), würde zu den zu treffenden Maßnahmen zählen.

Im Hinblick auf den Verkehr gab es ebenfalls ein Gutachten aus dem Jahr 2000 der TU Kaiserslautern. Die damals festgestellten Fahrzeugbewegungen im „Batschka-Viertel“ seien für Wohnstraßen „verkehrstechnisch zu vernachlässigen“. Dennoch sollte ein neues Verkehrsgutachten mit Knotenpunktuntersuchungen angestrebt werden.

Da beide Gutachten (bzgl. Lärm und Verkehr) nicht mehr als aktuell zu bewerten sind, sollen in Kürze neue erstellt werden.

 

Anschließend ging Herr Kieser auf das beabsichtigte Nutzungskonzept des Areals ein. Für die Entwicklung zu Wohnbauland mit Reihen- und Mehrfamilienhausbebauung stünden ca. 3,3 ha Fläche zur Verfügung. Diese Fläche würde für etwa 120 Wohneinheiten ausreichen. Im Bereich der Dammühlschanze, ca. 1 ha, sollte ein Freiraum entstehen mit Bauverbot hin zur Queich und zur möglichen Gestaltung von Stellplätzen. Für das Bodenfilterbecken für Schmutzwasser, besonders bei Starkregenereignissen, käme eine Fläche von 1,3 ha infrage. Auf Kleingartenanlagen und weitere Stellplätze würde eine Fläche von 0,6 ha entfallen.

 

Zu guter Letzt fasste Herr Kieser die Ergebnisse des Vortrages zusammen. Die Flächenentwicklung sei von vielen komplexen Fachthemen geprägt. Auch seien die Kosten für die noch zum Teil unbekannten Bodenverunreinigungen erheblich. Für die weitere Betrachtung seien zudem noch eine Abstimmung mit der SGD Süd als Obere Abfallbehörde und eine Wirtschaftlichkeitsberechnung erforderlich. Herr Kieser könnte sich vorstellen, dass die weitere Entwicklung nur mit Städtebaufördermitteln möglich wäre.

 

Der Vorsitzende bedankte sich für die sehr gut zusammengefasste Sachstandsinformation. Er betonte, dass eine oberflächliche Betrachtung der Fläche nicht genüge und bat um Rückfragen der Ratsmitglieder.

 

Ratsmitglied Herr Scheid wollte von Herrn Kieser wissen, wo genau die oberflächennahe Quecksilberbelastung vorgefunden wurde und wie dies zu verstehen sei. Sei diese im Schotterbereich oder im brach liegenden Gleisbett gefunden worden? Würde sich das Problem nicht lösen, wenn ein Aushub für den Kellerbau bis ca. 3,5 m Tiefe erfolgen würde? Wie weit gehe die Verschmutzung in die Tiefe?

Des Weiteren erwähnte Herr Scheid, dass in der Vergangenheit sehr lange Kesselfahrzeuge bzw. Waggons eines Chemieunternehmens auf den äußeren Gleisen abgestellt waren, die sogar undicht gewesen sein sollen. Die von Herrn Kieser genannten Untersuchungsergebnisse würden diese Vermutung bestärken. Herr Neubeck vom städtischen Umweltamt erklärte daraufhin, dass die Probebohrungen ca. 1 m bis 1,5 m in die Tiefe reichten. Oftmals seien nur die obersten 20 cm des Bodens belastet gewesen. Es gab allerdings auch Funde in 1 m Tiefe. Die Belastung im Allgemeinen sei jedoch so gering, dass kein dringender Sanierungsbedarf im Sinne eines Bodenaustausches bestünde. Problematisch sei allerdings, dass der mit Quecksilber verunreinigte Boden – wenn er z.B. beim Kellerbau „in die Hand genommen“ werde – auf einer Deponie als Abfall entsorgt werden müsste, was wiederum zusätzliche Kosten für den Bauherrn bedeuten würde. Herr Neubeck betonte, dass er zurzeit mit der Oberen Abfallbehörde Gespräche führe, da diese entscheidet, ob der Boden evtl. für den Straßenbau oder als Füllmaterial von Lärmschutzwänden verwendet werden könnte. Dies sei allerdings nur möglich, wenn die Verschmutzung nicht sehr weitreichend wäre. Für die derzeitige Eigentümerin des Grundstücks, das Bundeseisenbahnvermögen, bestehe hinsichtlich der Verschmutzung kein Handlungsbedarf, da diese zu gering sei.

 

Ratsmitglied Herr Scheid fragte ergänzend, ob vom Verkäufer (BEV) ein Teil von den Kosten übernommen werden könnte. Dies verneinte Herr Neubeck. Weil die Werte zu gering seien, hätte der Verkäufer keine Verpflichtung zur Sanierung. Die Kosten müssten dann über den Kaufpreis geregelt werden.

 

Ratsmitglied Herr Eichhorn merkte an, dass im Projekt „Landau baut Zukunft“ die Fläche zwischen Horstbrücke und Hauptbahnhof mit der Entwicklung von 200 Wohneinheiten benannt wurde. Herr Schneider von der Projektgruppe korrigierte Herrn Eichhorn dahingehend. Die Fläche sei mit etwa 150 Wohneinheiten kalkuliert gewesen. Die Reduzierung auf 120 Wohneinheiten war nach Bekanntgabe der Untersuchungsergebnisse nicht vermeidbar und sei bedauerlich.

 

Ratsmitglied Herr Lerch sprach Herrn Kieser seinen Dank für die plastische Darstellung aus und wollte wissen, ob es eine Grobkalkulation hinsichtlich der zu erwartenden Kosten gebe. Ihm sei wichtig zu wissen, ob sich das Vorhaben überhaupt lohnen würde. Herr Kamplade erklärte, dass bereits im Zuge der Kaufverhandlung grob kalkuliert wurde. Man orientierte sich dabei an den Bodenrichtwerten des Areals und was von den Verkäufen später zu erzielen sei. Dann würden davon die geschätzten Kosten abgezogen. Die Mehrkosten für die mit Quecksilber belastete Bodenentsorgung wurden somit eingerechnet. Trotzdem würden sich die Preise noch leicht im Plus befinden. Mithilfe dieser Erkenntnisse würden dann die Kaufpreisverhandlungen mit dem BEV stattfinden. Dennoch könnte die Kalkulation kippen, wenn weiter geforscht werde. Herr Kamplade empfahl aus seiner fachlichen Sicht Entwicklung – trotz einiger Unbekannten – fortzuführen. Wenn der Grundstückswert ins Minus rutschen würde, müssten steuerliche Mittel, wie z.B. Städtebau-Fördermittel, fließen, um die Unrentierlichkeit aufzufangen. Seitens der Bewilligungsstellen wurde auch bereits ein positives Signal für die Unterstützung abgegeben. Für Herrn Kamplade sei es kaum vermittelbar, Weinberge zu Neubaugebieten zu entwickeln und zum Ausgleich alte Bahnflächen zu renaturieren. Es sei allerdings auch nicht Sinn der Sache, dass die Stadt für die Entwicklung Beträge in Millionenhöhe aufbringen soll, was schlichtweg nicht darstellbar sei. Herr Kamplade ging davon aus, dass bis Ende des Jahres 2017 ein Ergebnis der Verhandlungen mit dem BEV vorliegen würde, welches dann entsprechend präsentiert werden könnte.

 

Ratsmitglied Herr Freiermuth erwähnte, dass zwar gesagt wurde, der Quecksilberbefund befände sich noch im gesetzlichen Rahmen, aber was wäre, wenn letztendlich überhaupt keine Wohnbebauung („0“) möglich sei? Herr Kamplade plädierte dafür, das Risiko trotzdem einzugehen und die Sanierung voranzutreiben. Auch weil die Stadt keine Quecksilber und/oder Kampfmittel belasteten Flächen im Stadtgebiet auf lange Sicht tolerieren könne. Letztendlich sei hierfür die öffentliche Hand gefragt. Die Eigentümerin, BEV, signalisierte ebenfalls, dass sie sich eine Entwicklung der Fläche wünsche.

 

Seitens der Bauausschussmitglieder wurden keine weiteren Fragen zum Sachstandsbericht gestellt, so dass dieser als zur Kenntnis genommen erklärt wurde. Der Vorsitzende hoffte, dass letztendlich eine wohnbauliche Entwicklung auf dem innerstädtischen Areal möglich sei.

 

Ratsmitglied Herr Lichtenthäler nahm sodann wieder Platz am Sitzungstisch.