Sitzung: 07.08.2018 Bauausschuss
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 11, Nein: 1, Enthaltungen: 2, Befangen: 1
Vorlage: 610/519/2018
1. Das vom
Planungsbüro Junker + Kruse, Dortmund, erarbeitete Einzelhandelskonzept 2018
für die Stadt Landau in der Pfalz vom Mai 2018 (Anlage 1) wird als
städtebauliches Entwicklungskonzept nach § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB für die
künftige räumliche Steuerung des Einzelhandels und die Sicherung zentraler
Versorgungsstrukturen in Landau in der Pfalz beschlossen.
2. Ausweisungen von
Sondergebieten für großflächige Einzelhandelsansiedlungen (größer 800 qm
Verkaufsfläche) für das Sortiment „Fahrräder und technisches Zubehör“ außerhalb
des zentralen Versorgungsbereichs sollen erst nach Ablauf von drei Jahren ab
Datum der Beschlussfassung des Einzelhandelskonzeptes 2018 mittels
entsprechender bauleitplanerischer Beschlüsse ermöglicht werden.
3. Für nicht großflächige
Einzelhandelsansiedlungen (kleiner 800 qm Verkaufsfläche) des Sortiments
„Fahrräder und technisches Zubehör“ sollen in gewerblich geprägten
Bebauungsplangebieten ebenfalls erst nach Ablauf von drei Jahren ab Datum der
Beschlussfassung des Einzelhandelskonzepts 2018 entsprechende Festsetzungen
oder Befreiungen ermöglicht werden.
Der Vorsitzende rief die Sitzungsvorlage der Abteilung
Stadtplanung und Stadtentwicklung vom 17.07.2018 auf, auf welche verwiesen
wird, und begrüßte Frau Elisabeth Kopischke vom Stadtplanungsbüro Junker +
Kruse aus Dortmund, die eine Präsentation über die Fortschreibung des
Einzelhandelskonzeptes vorbereitet hatte.
Für Ausschussmitglied Frau Höhlinger gab es
einen Ausschließungsgrund gem. § 22 Gemeindeordnung, weshalb sie sich in den
für Zuhörer bestimmten Teil des Sitzungsraumes begab.
Frau Kopischkes Vortrag beinhaltete den Strukturwandel
im Einzelhandel, wie zum Beispiel das geänderte Einkaufsverhalten der Menschen
und den stetig wachsenden Online-Handel, sowie die Aktualisierungen der
Datenbasis seit der Aufstellung des Einzelhandelskonzeptes im Jahr 2010. Darauf
aufbauend erläuterte Frau Kopischke die wesentlichen Änderungen der aktuellen
Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes zu dem Konzept aus 2010, eine
entsprechende Anpassung der Sortimentsliste und deren Begrifflichkeiten, die
Standortstruktur der Stadt Landau, das Leerstandsmanagement, sowie eine zum
aktuellen Landesentwicklungsprogramm (LEP IV) konforme redaktionelle
Überarbeitung und Bezugnahme zu Zielen des LEP IV und des aktuellen
Einheitlichen Regionalplans Rhein-Neckar (ERP). So wurde beispielsweise die
Bezeichnung „zentrenrelevant“ in „innenstadtrelevant“ umbenannt.
Als Fazit zog Frau Kopischke, dass der Einzelhandel
der Stadt Landau sehr gut aufgestellt sei.
Ausschussmitglied Herr Lerch hielt eine
Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes für sinnvoll. Zur vorgesehenen
Änderung der Sortimentsliste hinsichtlich des Sortiments „Fahrräder“ stellte er
die Fragen, welche Vorteile es gebe, wenn der Fahrradhandel ausgelagert werde?
Wo sei hier der Mehrwert? Frau Kopischke nahm Bezug auf Herrn Lerchs
Wortmeldung und erwähnte, dass eine entsprechende Ansiedlung außerhalb des
zentralen Versorgungsbereichs auch weiterhin über das Instrument der
Bauleitplanung gesteuert werden könne. Ziel sei es, ein attraktives und
vielseitiges Angebot zu schaffen und zu bewahren. So würden beispielsweise
bereits jetzt auch Fachmärkte, hier bezugnehmend auf den Gillet-Markt, den
Fahrradhandel abdecken. Landau habe in seiner Funktion als Mittelzentrum mit
teilweise oberzentraler Bedeutung eine Versorgungsfunktion auch für die
benachbarten Kommunen inne.
Ausschussmitglied Herr Maier begrüßte den
Vortrag und freute sich, dass im Bereich der Nahversorgung an der Wollmesheimer
Straße nachgebessert wurde. Zum Thema „Fahrräder“ verwies Herr Maier auf den
neuen und wachsenden Markt der E-Bikes. Er könne die Kritik der in Landau
ansässigen Fahrradhändler verstehen, da diese ihre Vergrößerungswünsche nicht
umsetzen konnten, und zeigte sich erfreut, dass ein Kompromiss mit einer
Drei-Jahres-Frist gefunden zu sein scheint.
Ausschussmitglied Herr Lichtenthäler erwähnte, dass
seit der Initiierung des Einzelhandelskonzeptes viele Erfahrungen gesammelt
wurden und es auch etliche Konflikte gab. In der aktuellen Diskussion zur
Fortschreibung des Konzeptes fiel Herrn Lichtenthäler auf, dass „Gastronomie“
nicht mehr enthalten sei. Hierzu antwortete Frau Kopischke, dass die
Gastronomie nicht Teil des Einzelhandelskonzeptes sei, jedoch durchaus eine
Bedeutung für die Multifunktionalität einer funktionierenden Innenstadt habe.
Außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs könne die Einrichtung eines
gastronomischen Angebots bei großflächigen Einzelhandelsbetrieben, wie z.B.
Möbelhäusern, eine sinnvolle Ergänzung darstellen und sei auch als
untergeordnet zu betrachten. Sie schade dem zentralen Versorgungsbereich aus
fachlicher Sicht nicht, wenn sie dem Betrieb unter- und z.B. über die
Öffnungszeiten und Zugänglichkeit geordnet sei.
Herr Lichtenthäler fand, dass mit der nun vorgelegten
Einteilung eine gute Grundlage geschaffen wurde. Eine Abwägung der bestehenden
Situation – gerade im Hinblick auf die Fahrradhändler – müsse erfolgen. Der
Fahrradmarkt boome, weshalb er auch die dreijährige Übergangslösung als
Kompromiss verstehen könne. Es bedürfe genauen Überlegungen, was in den
(zukünftigen) Gewerbegebieten entstehen solle. Herrn Lichtenthäler sei
jedenfalls ein Fahrradmarkt lieber als ein Porschezentrum.
Ausschussmitglied Herr Freiermuth war von der
Notwendigkeit eines Einzelhandelskonzeptes überzeugt, da somit kein „Wildwuchs“
entstehen könne. Dennoch sehe er wie schwierig die Umsetzung sei und nahm
hierzu Bezug auf das Thema „Fahrrad“.
Für Geschäfte mit kleiner Verkaufsfläche hätte sich
Herr Freiermuth konkretere Lösungsvorschläge gewünscht. Frau Kopischke verwies
hierzu auf die vorhandene kleinteilige städtebauliche Struktur der historischen
Altstadt, die einen begrenzten Rahmen an Verkaufsflächen bedinge. Hier könne
man bei Neu- und Umbauten über städtebauliche Instrumente zur Steuerung der
Verkaufsflächengrößen nachdenken.
Des Weiteren benannte Herr Freiermuth den
Online-Handel als Problem für den Einzelhandel. Frau Kopischke sehe allerdings
für den Handel in Landau gute Chancen. Die Stadt sei wettbewerbsfähig.
Ausschussmitglied Herr Wagner dankte Frau
Kopischke für die Vorstellung der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes.
Herr Wagner sei damit „d’accord“, obwohl er sich mit dem Thema „Fahrrad“ schwer
tue. Der Fahrradmarkt sei groß.
Zudem fragte Herr Wagner weshalb in der Fortschreibung
die Sortimente „Jagd- u. Anglerbedarf“ nicht mehr und „Erotik“ nicht als
innenstadtrelevant angesehen werden. Frau Kopischke antwortete, dass diese
beiden Sortimente nicht tragend für den innerstädtischen Bereich seien. Herr
Kamplade ergänzte Frau Kopischke dahingehend, dass beispielsweise der Anglerbedarf
nicht strukturgebend wäre, da Anglerbedarf in Landau nur außerhalb der
Innenstadt angeboten werde.
Ausschussmitglied Herr Eisold erinnerte
daran, dass das Thema „Fahrräder“ bereits bei der letzten Diskussion des
Einzelhandelskonzeptes im Bauausschuss am 28. November 2017 Inhalt war. Herrn
Eisold war allerdings die Bedeutung der Drei-Jahres-Lösung nicht schlüssig.
Würde diese ab Beschlussfassung greifen? Hierzu äußerte sich Herr Kamplade. Die
Drei-Jahres-Lösung sollte ab der Beschlussfassung gelten. Dies bedeute, dass
sich der Stadtrat eine „Selbstbindung“ hinsichtlich der Ansiedlungen von
Fahrradhandel auferlege.
Des Weiteren wollte Herr Eisold wissen, ob bei einer
Überschreitung der 50.000-Einwohner-Marke neue Grenzen hinsichtlich des
Einzelhandelskonzeptes gezogen werden müssten. Dies würde zunächst keine Rolle
spielen. Erst eine Einstufung als Oberzentrum würde Änderungen mit sich ziehen,
so Herr Kamplade.
Ausschussmitglied Herr Löffel schlug als
Kompromiss vor, Bauvoranfragen erst nach Ablauf der Drei-Jahres-Frist zu
behandeln und diese zunächst abzulehnen oder zurückzustellen.
Ausschussmitglied Herr Wagner nahm Bezug auf
Herrn Löffels Wortmeldung und fragte zum Verständnis: Seien die Bauvoranfragen
dann dem Ermessensspielraum der Verwaltung ausgesetzt? Herr Kamplade erklärte,
dass die Verwaltung die Genehmigung zurückstellen würde, auch wenn der Bauherr
bauen dürfte. Man würde letztlich eine dreijährige Veränderungssperre
auferlegen, so dass Verhandlungen mitunter gestoppt werden können. Somit könne
kein Fachmarkt entstehen, ohne das „Zutun“ des Stadtrates. Herr Wagner wollte
weiterhin zum Verständnis wissen, ob dies auch für den Baubeginn gelte, so dass
sich niemand einen zeitlichen Vorteil innerhalb der drei Jahre verschaffen und
pünktlich nach Ablauf der Frist seinen Fachmarkt eröffnen könnte? Herr Kamplade
verdeutlichte, dass sich die Dreijahresfrist auf die Erteilung der Genehmigung
beziehe. Erst danach könne mit dem Bau begonnen werden. Dennoch könne sich der
Bauherr vorab ein Grundstück sichern.
Ausschussmitglied Herr Heuberger erinnerte
daran, dass der Internethandel immer stärker ausgeprägt sei. Wie könne hier die
Stadt entgegenwirken? Als zusätzliche Schwierigkeit sehe Herr Heuberger auch
die teils schwierige Vermietung der Ladeneinheiten. Er könne daher verstehen,
dass eine Ansiedlung auf der „grünen Wiese“ für manchen Gewerbetreibenden
interessant sei – gerade auch weil dort Parkplätze umsonst angeboten werden
können.
Es gab keine weiteren Wortmeldungen, so dass der Vorsitzende Frau Kopischke für Ihr Kommen dankte und sie verabschiedete.
Der Bauausschuss empfahl im Anschluss dem Hauptausschuss sowie dem Stadtrat mehrheitlich bei einer Gegenstimme, zwei Enthaltungen und einer Befangenheit, den nachgenannten Beschlussvorschlägen zuzustimmen.