Für die Berichterstattung zur Informationsvorlage des Umweltamtes vom 31.10.2018, welche der Niederschrift als Anlage beigefügt ist, begrüßte der Vorsitzende Herrn Rainer Röckle und Frau Dr. Christine Ketterer vom Büro iMA Richter & Röckle GmbH & Co.KG, Freiburg, die eine Präsentation über das Ergebnis der Stadtklimaanalyse vorbereitet hatten. Herr Röckle, so der Vorsitzende, war bereits im Sommer 2018 bei einer Bürgerinformationsveranstaltung zur Fortschreibung des Flächennutzungsplans (FNP) im Kreuzgang der Augustinerkirche zu Gast. Sodann übergab der Vorsitzende das Wort an Herrn Röckle.

 

Herr Röckle betonte zu Beginn seines Vortrages, dass mit zunehmendem Klimawandel Fragestellungen immer häufiger auftretender „Hitzewellen“ in den Fokus städtischer Klimaverhältnisse fließen würden und insbesondere in Wärmegebieten wie Landau bestehe hierzu Handlungsbedarf. So könnten auf Grundlage der Stadtklimaanalyse in einem Flächennutzungsplan die für das Klima wichtigen Flächen berücksichtigt oder ausgewiesen werden. Herr Röckle ging in diesem Zusammenhang auf Gunst- und Ungunstfaktoren sowie deren Wertigkeit ein. Menschen in besonders dicht besiedelten Stadtbereichen, die beispielsweise Ungunstfaktoren wie thermischer oder lufthygienischer Belastung ausgesetzt sind, hätten dabei eine „höhere Betroffenheit“ als beispielsweise Bewohner eines gut von der Kaltluft durchströmten Stadtdorfs westlich der Kernstadt. Für die Stadt Landau sei als Gunstfaktor die Kaltluft, die vom Pfälzerwald zur Stadt hinströmt, zu nennen. Von insgesamt vier identifizierten Kaltluftströmen würden „die beiden mittleren Kaltluftströme“ unmittelbar westlich dem Luftaustausch in der Stadt in besonderer Weise dienen und in den heißen Sommermonaten für eine Abkühlung mit Abtransport von Luftschadstoffen sorgen. Hierbei können u.a. aufgrund der Topographie die westlich gelegenen Wohngebiete der Kernstadt sowie die Stadtdörfer Mörzheim, Wollmesheim, Arzheim, Godramstein und Nußdorf von einem besseren Luftaustausch und einer höheren Abkühlung als das östliche Stadtgebiet profitieren.

Anhand einer Grafik zeigte Herr Röckle die Stickstoffdioxidbelastung verschiedener Städte in Rheinland-Pfalz, bevor er im Anschluss auf die Luftschadstoffbelastung der Stadt Landau einging. Die höchsten Belastungen seien neben den Bereichen der Autobahn (A 65) bei Landau-Queichheim, für die Bundesstraße (B 10) und im innerstädtischen Bereich für den Landauer Süden sowie am Marienring, der Rheinstraße und im Horstring festzustellen.

Weitere Darstellungen, die von Herrn Röckle gezeigt wurden, bezogen sich auf die urbanen Wärmeinseleffekte, welche in der Innenstadt hoch und im Westen niedriger seien, das Human-Bioklima, welches von verschiedenen Faktoren wie Aktivität oder Kleidung des Individuums und thermischen Einflüssen abhängig sei, und die nächtlichen Kaltluftströmungen vom Pfälzerwald kommend. Dabei verwies Herr Röckle auf die Klimafunktionenkarte, die alle relevanten Ergebnisse der Stadtklimaanalyse aus klimatologischer Sicht zusammenfassend darstelle.

Zu guter Letzt bezog sich Herr Röckle auf die Planungshinweiskarte, die darstellte, wo keine Nachverdichtung in Landau mehr erfolgen sollte und sich Flächen mit einer Relevanz für die Durchlüftung befänden.

 

Der Vorsitzende dankte Herrn Röckle für dessen Vortrag und den deutlichen Hinweisen für die Siedlungspolitik. Die Erkenntnisse würden in manchen Bereichen zu einem Umdenken führen müssen - gerade im Hinblick auf den Grundsatz „Innen- vor Außenentwicklung“, so dass nicht jede Freifläche in der Stadt bebaut werden könne. Die Stadtklimaanalyse zeigte außerdem, dass eine Bebauung „im größeren Stil“ für das Areal des ehemaligen Rangierbahnhofs – unabhängig vom beabsichtigten Bieterverfahren des Grundstückseigentümers – nun fraglich sei. Gleichzeitig sei die Siedlungserweiterung im Südwesten der Kernstadt stadtklimatisch vergleichsweise unbedenklich.

 

Ausschussmitglied Herr Maier dankte Herrn Röckle für den Zwischenbericht und der Verwaltung für die ergänzende Informationsvorlage.

Bewusst wurden in den letzten Jahren immer Entwicklungsflächen „innen“ vor „außen“ gesucht, so Herr Maier. Man habe sich schwergetan, nach außen zu gehen. Als Alternative gebe es dann nur die Nullvariante und dies könne seiner Meinung nach keine Alternative sein.

Herr Maier fand es wichtig, die Bewusstseinsfindung in der Bevölkerung zu fördern und beispielsweise die Menschen für die negativen Folgen eines reinen Steingartens zu sensibilisieren.

Herr Klemm nahm Bezug auf Herrn Maiers Wortmeldung und appellierte, die Innenentwicklung nicht „zu schwarz“ zu sehen. Es gehe vielmehr darum, Flächen behutsamer zu entwickeln und auch Dach- wie Fassadenbegrünungen in Erwägung zu ziehen. Zudem sei die Fläche des ehemaligen Rangierbahnhofs noch nicht ganz abgehakt. Eine Wohnbebauung in geringerem Ausmaß sowie die verstärkte Anlage klimawirksamer Grünflächen sei gegebenenfalls möglich.

 

Ausschussmitglied Herr Freiermuth hielt Herrn Röckles Vortrag für hochinteressant. Die Erkenntnisse aus der Stadtklimaanalyse werden die weiteren Planungen beeinflussen und die Verdichtung müsse kritisch betrachtet werden. Zudem sei wichtig, der Flächenversiegelung entgegenzuwirken und Maßnahmen, wie z.B. Rasengittersteine, als Alternativen zu ermitteln. Abschließend lobte Herr Freiermuth, dass Herr Röckle die einzelnen Ortsteile in seinem Vortrag dargestellt habe.

Herr Röckle ging auf Herrn Freiermuths Wortmeldung ein und nannte Maßnahmen, welche die Verdichtung entschärfen könnten. Zum einen seien hier Begrünungen zu erwähnen und die Einhaltung bzw. Umsetzung der EnEV (Energieeinsparverordnung). Denn gerade Altbestände aus Backstein würden Wärme speichern, sich aufheizen und nachts weniger abkühlen.

Des Weiteren erklärte Herr Röckle, dass Ausgleichsflächen und Artenschutzflächen gesetzlich genormt wie besonders geschützt seien. Um Flächen für das Stadtklima müsse man kämpfen, sie stehen oft unter besonderem Nutzungsdruck.

 

Ausschussmitglied Herr Freiermuth fragte, ob es Fälle gebe, wo sich Luftströmungen verändert und somit Bebauungen gekippt hätten? Herrn Röckle sei kein Fall bekannt. In Landau käme die Kaltluftzufuhr aufgrund der Topographie und Nähe zum Pfälzerwald nicht zum Erliegen.

 

Ausschussmitglied Herr Eichhorn fand gut, dass die Luftleitbahnen bei der Erstellung des FNP berücksichtigt werden und jeweils Grünschneisen im Bereich der Wollmesheimer Höhe sowie der Bahnlinie erhalten werden sollten.

Es überrasche Herrn Eichhorn nicht, dass Parks eine wichtige Funktion für das Klima innehätten. Ein Eingriff dort käme einem Selbstmord gleich, weshalb sich Herr Eichhorn auch für effektive Begrünungen aussprach.

 

Ausschussmitglied Frau Follmann hätte sich gewünscht, dass die Planungshinweiskarte schon als Anhang zur Informationsvorlage vorgelegt worden wäre.

Weiterhin hinterfragte Frau Follmann die dargestellten Frischluftschneisen. Ihr erschien es nicht logisch, dass deren Nord/Süd-Richtung im Bereich der Bahntrasse einen Knick machen könne.

Frau Follmann wollte zudem wissen, weshalb im Rahmen der Stadtklimaanalyse keine Temperaturmessungen durchgeführt, sondern die Temperaturen berechnet worden seien und in Herrn Röckles Vortrag keine Simulation mit und ohne Bebauung gezeigt wurde. Ein Klimaanpassungskonzept würde schlichtweg mehr enthalten als nur die Frischluftzufuhr. Frau Dr. Ketterer antwortete Frau Follmann, dass Messungen teuer und sehr aufwendig seien und letztlich auch nur punktuell erfolgen würden. Herr Röckle ergänzte, dass die Region um Landau kein „meteorologisches Niemandsland“ sei und klassische Messstationen (DWD, Meteomedia) sowie agrarmeteorologische Messstationen der DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) für die Datenlage herangezogen worden seien. Mit Hilfe dieser Messstationen konnten auch die Ergebnisse der Modellsimulationen für die Fläche von 50 km x 80 km entlang des Frischlufteinzugsbereichs am Rande des Pfälzerwaldes validiert werden.

Hinsichtlich der Frage zu den Frischluftschneisen erklärte Frau Dr. Ketterer, dass die Luftleitbahn Nord/Süd eine Breite von 50 m und eine Länge von 4 km hätte. Leichte Kurven bzw. Knicke seien auch durch die vorhandene Hausbebauung zu erklären. In Steckbriefen zu den Entwicklungsbereichen des FNP, welche in dem Abschlussbericht enthalten sein werden, würde das Büro noch näher auf die Funktionen der einzelnen Luftleitbahnen eingehen. So habe z.B. die Nord/Süd-gerichtete Frischluftschneise an der Bahnlinie keine größere Bedeutung, weil hier lediglich eine klimatologische Ausgleichswirkung für die direkt benachbarte Bebauung aber keine Frischluftfunktion für die Kern Stadt verortet sei. Herr Abel ergänzte Frau Dr. Ketterer und erklärte, dass weiter im Osten weniger Kaltluftdurchströmung ankommen würde.

Frau Follmann fand es unbefriedigend, dass die Steckbriefe erst in Monaten mit dem Abschlussbericht vorgelegt werden sollen.

 

Ausschussmitglied Herr Eisold dankte Herrn Röckle und Frau Dr. Ketterer für die dargelegten Analysen und wollte wissen, welche Gebäudehöhen hinsichtlich der Luftströme unproblematisch für eine Bebauung seien. Herr Röckle erklärte daraufhin, dass die Luftverwirbelung von der Umgebungsbebauung abhängig sei. Je höher die Gebäude, desto stärker die Belastung.

Weiterhin fragte Herr Eisold, wie der Zeitablauf aussehe. Herr Abel antwortete, dass das Klimaanpassungskonzept im Sommer 2019 fertiggestellt sein und die Stadtklimaanalyse in den FNP eingearbeitet werde. Herr Kamplade ergänzte Herrn Abel dahingehend, dass im Sommer 2019 auch ein erster Entwurf der Neuaufstellung des FNP mit allen Fachgutachten zu erwarten sei.

 

Ausschussmitglied Herr Heuberger wies auf die veränderte Wetterlage in diesem Sommer hin. Durch die Nordwinde seien viele Austrocknungen begünstigt gewesen. Aufgrund dessen habe Herr Heuberger, der in seiner Freizeit auf die Jagd geht, auch Veränderungen im Jagdrevier vornehmen müssen. Wie würde sonst allerdings die Wetterlage aussehen? Herr Abel nahm Bezug auf Herrn Heubergers Wortmeldung und erklärte, dass sich durch die topografische Lage Landaus die relevanten Kaltluftströme in überhitzten Sommernächten durch Windrichtungen nicht verändern ließen. Die Ströme werden bei sogenannten autochthonen Wetterlagen nur durch die Topografie geleitet. Frau Dr. Ketterer erklärte in diesem Zusammenhang, dass durch die topografische Lage Landaus auch noch in 20 Jahren nachts Schadstoffe über die Luftströme (hier: Kaltluftabflüsse) in östliche Richtung abtransportiert werden.

 

Ausschussmitglied Herr Wagner dankte den Vortragenden, bat allerdings darum, Karten im Vorfeld zur Verfügung zu stellen.

Herr Wagner wollte wissen, inwiefern die Kaltluftströme vom Pfälzerwald, welche sich zum Rhein hin abschwächen, für andere Kommunen relevant seien. Herr Röckle erklärte, dass solche Untersuchungen Gegenstand der Regionalplanung seien, aber das, was für Landau gelte, selbstverständlich auch über die Stadtgrenzen hinweg gelte.

 

Ausschussmitglied Herr Hartmann war mit der Stadtklimaanalyse nicht zufrieden. In der Informationsvorlage seien widersprüchliche Angaben enthalten.

Als positiv erachtete er hingegen die Information, dass bei einer Gebäudehöhe von 28 m noch ein Luftaustausch erfolgen könne. Kritisch äußerte Herr Hartmann sich jedoch, dass eine Anfrage seiner Stadtratsfraktion „übergangen“ worden sei. Auch in der Informationsvorlage werde kein Bezug auf diese genommen. Herrn Hartmann fiel auf, dass die Stadtklimaanalyse die Planungen für die Neubaugebiete nicht problematisierte.  Dies sei verwunderlich. Er kündigte an, sich die Karten, sobald sie ihm vorliegen werden, genauer anzuschauen.

Herr Klemm ging auf Herrn Hartmanns Wortmeldung ein und verwies auf die Erklärungen und Vorarbeiten von Herrn Abel, der bereits frühzeitig bei der Erarbeitung der Ausschlussflächen beteiligt war. Auch der Vorsitzende betonte, dass keine „Dilettanten“ am Werk gewesen seien und die Stadtklimaanalyse zeige, dass die Mitarbeiter der Verwaltung zuvor schon in die richtige Richtung geplant hätten. Stadtklimatische Aspekte seien von Anfang an bei den Standortuntersuchungen berücksichtigt worden, deshalb gebe es nun auch keine Konflikte mit stadtklimatischen Aspekten.

 

Ausschussmitglied Herr Lichtenthäler gab zunächst keine Beurteilung ab, stellte allerdings fest, dass es etliche Konflikte mit dem Landesentwicklungsplan gebe.

 

Ausschussmitglied Herr Hartmann hinterfragte, weshalb das Büro von Herrn Röckle, das auf seiner Website auch Klima-Messfahrten mit Temperaturmessungen anbieten würde,  für die Stadtklimaanalyse Landaus Berechnungen und keine Klimamessungen durchgeführt habe. Was hätten Messungen an Mehrkosten verursacht? Herr Röckle antwortete, dass Messungen aufgrund der personalintensiven Bearbeitung teuer seien, hierzu passende Wetterlagen (sog. Kaltluftnächte) stets abgewartet werden müssten, und  Messungen immer nur punktuelle Momentaufnahmen darstellten. Herr Röckle schätze die Mehrkosten auf ca. 20.000 EUR. Herr Abel ergänzte Herrn Röckle und erklärte, dass derartige Messfahrten vom Projektträger Jülich nicht gefördert seien. Die Stadt habe bereits viele Punkte für die Stadtklimaanalyse zu 100% aus eigener Tasche finanziert. Da es viele umliegende DLR-Messstationen (für den Weinbau) gebe, könnten die Ergebnisse der Stadtklimaanalyse nachkalibriert werden.

 

Ausschussmitglied Herr Doll nahm Bezug zu den in Herrn Röckles Vortrag genannten Gunst- und Ungunstfaktoren. Eine Nachverdichtung sei demnach im Hinblick auf die Durchlüftung nicht gut. Dennoch sollte man sich nicht nur an den Modellierungen festhalten und ggf. eher eine lockere Bebauung für die Flächenentwicklung in Erwägung ziehen. Herr Röckle erinnerte daran, dass bei einem geringeren Flächenverbrauch eine hohe Verdichtung als Konsequenz zu sehen sei. Letztendlich entscheide der Stadtrat, was wichtiger sei: Klima oder Verdichtung. Dies sei ein Abwägungsprozess.

 


Da sich keine weiteren Wortmeldungen mehr abzeichneten, merkte der Vorsitzende an, dass es noch viel zu diskutieren gebe. Abschließend erklärte er die Informationen als zur Kenntnis genommen.