Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 14, Enthaltungen: 1

Beschlussvorschläge:

 

1.              Der Schwerpunkt der Innenentwicklung soll weiterhin auf der Aktivierung größerer zusammenhängender Flächenpotenziale im Stadtgebiet und den Stadtdörfern liegen.

 

2.         Die Aussprache von Baugeboten gegenüber Eigentümerinnen und Eigentümern von Baulücken wird zurückgestellt.

 

3.         Bauwillige Eigentümer von Baulücken werden weiterhin mit hoher Priorität beraten und von der Verwaltung bei der baulichen Nutzung von Baulücken und der Beseitigung von Leerständen intensiv unterstützt.

 


Der Vorsitzende rief die Sitzungsvorlage der Abteilung Stadtplanung und Stadtentwicklung vom 02.12.2019, auf die verwiesen wird, auf und betonte, dass der Auftrag des Stadtrates an die Verwaltung „Innen- vor Außenentwicklung“ lautete und die Stadtentwicklung, wie der folgende Vortrag von Herrn Kamplade verdeutlichen werde, stark von der Innenentwicklung geprägt sei. Die Stadtverwaltung habe sich ausdrücklich dem Thema „Baulücken“ angenommen, werde allerdings auch die Ausweisung von Neubaugebietsflächen in den Stadtdörfern anstreben. Der Vorsitzende übergab das Wort an Herrn Kamplade.

 

Herr Kamplade erläuterte zu Beginn seines Vortrages, welche Intentionen hinter der „Baulückenabfrage“ steckten und wie eine Baulücke zu definieren sei. Demnach müsse ein Grundstück erschlossen und verhältnismäßig klein, d.h. < 2.000 qm, sein.

Anfangs, so Herr Kamplade, sei die Schließung von Baulücken dynamisch gewesen, später, also ab dem Jahr 2015, wurde die Entwicklung langsamer, weil die Entwicklungshemmnisse auf den verbliebenen Baulücken stärker seien. Zu beobachten sei, dass es meist in den Stadtdörfern, insbesondere in älteren Neubaugebieten, Baulücken gebe. Besonders die Stadtdörfer Arzheim, Dammheim und Nußdorf würden im Verhältnis zu ihrer Größe eine recht hohe Anzahl von Baulücken aufweisen. Teuer erschlossene Baugrundstücke wurden bisher nicht bebaut, obwohl Baurecht bestünde. Die heutige Baulandentwicklung ließe dies nicht mehr zu, betonte Herr Kamplade, da die Stadt das Zwischenerwerbsmodell bzw. Ankaufsmodell bei Grundstücken anwende und die Bauherren somit verpflichtet seien, innerhalb einer gewissen Zeit zu bauen bzw. einen Bauantrag zu stellen.

Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD Süd) bestätigt, dass Landau hinsichtlich der Reduzierung der innerörtlichen Baulücken gut aufgestellt sei. Statistisch gesehen befände sich Landau in der Region sogar auf den Spitzenplätzen – obwohl Konversionsflächen nicht bei der Betrachtung berücksichtigt werden.

Weiterhin ging Herr Kamplade auf die Baulandentwicklungsstrategien der Stadt ein und stellte die Methodik der Eigentümerbefragung vor. Die ermittelten Eigentümerinnen und Eigentümer wurden zunächst schriftlich kontaktiert. Ihnen wurde ein Fragebogen mit simplen Fragen übersandt, für den es einen Rücklauf von ca. 59 % gab. Die Abfrage ergab allerdings, dass etwa 80 % der Baulücken blockiert seien und keine Entwicklung gewollt oder möglich sei. Offensichtlich seien Grundstückseigentümer zurückhaltend gegenüber der Stadt, Entwicklungsbereitschaft zu zeigen, da entgegen der Befragung, die vor Jahren ähnliche Ergebnisse brachte, die Anzahl der Baulücken sinke. Letzteres sei für ihn auch ausschlaggebend, das Tübinger Modell hinsichtlich des Baugebots nicht in Betracht zu ziehen. Herr Kamplade empfahl, von Baugeboten abzusehen und die Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer nicht zum Grundstücksverkauf zu zwingen. Neben dem hohen Verwaltungsaufwand, der damit einherginge, gebe es ein großes Akzeptanzproblem, da es ein starker Eingriff in das Eigentum der Menschen bedeute. Vielmehr sollten Bauwillige unterstützt werden. Auch hoheitliche Instrumente, wie z.B. die Einführung der Grundsteuer C, sollten abgewartet werden.

 

Der Vorsitzende ergänzte Herrn Kamplade um politische Betrachtungsweisen. Demnach würde die Zeit für die Stadt arbeiten und persönliche Veränderungen der Grundstückseigentümer (Stichwort: Erbfall) könnten zum Verkauf bzw. zur Bebauung von Grundstücken führen. Auch die schärfere Besteuerung in Form der Grundsteuer C für unbebaute Grundstücke, für die bereits Baurecht besteht, könnte mitunter zur Schließung von Baulücken führen. Abschließend betonte der Vorsitzende, dass auf allen Fachebenen das Recht in das Eigentum einzugreifen, diskutiert werde und dahingehend die Entwicklung abzuwarten sei.

 

Ausschussmitglied Frau Heidbreder dankte Herrn Kamplade für dessen Darstellungen. Erfreulich sei die Halbierung der Baulücken. Doch wie sei dies zu erklären? Welche strategischen Ideen steckten dahinter?

Nachdenklich stimme Frau Heidbreder, dass die Anzahl der Baulücken in den Stadtdörfern hoch sei und zugleich hohe Leerstände überwiegend in den Ortskernen zu verzeichnen seien. Was könnte unternommen werden, um das „Gut Boden“ zu schützen?

Gebe es zusammenliegende Baulücken, die beispielsweise im Blick auf den Verwaltungsaufwand gemeinsam entwickelt oder mit z.B. Urban Gardening Konzepten versehen werden könnten?

 

Herr Kamplade konnte auf Frau Heidbreders Frage hinsichtlich des Rückgangs der Baulücken keinen wissenschaftlichen Nachweis führen. Es handele sich um einen „Strauß an Gründen“. Der Druck auf dem Wohnungsmarkt und der in Landau zugehaltene „Deckel“ für die Außenentwicklung führten sicherlich zur Schließung der Baulücken, auch wenn die Preise für die erschlossenen Grundstücke hoch seien. Aber auch die hohen Preise würden letztlich die Verkaufsbereitschaft der Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer steigern. Weiterhin hätten Ortsvorsteher Gespräche mit Verkaufsbereiten gesucht und Überzeugungsarbeit geleistet.

Eine Zwischennutzung der Grundstücke sei schwierig, schätzte Herr Kamplade ein. Für „Urban Gardening“ seien die Grundstücke zu klein und es sei nicht empfehlenswert, die Grundstücke zu lange ruhen zu lassen. Denn sobald sich geschützte Tier- oder Pflanzenarten ansiedeln, würden die Anforderungen an die Bauherren und Kosten steigen.

 

Ausschussmitglied Herr Löffel sprach Herrn Kamplade seinen Dank aus und sah den „Bauboom“ in Landau durch die Präsentation bestätigt. Die Kehrseite sei allerdings, dass allmählich die bebaubaren Grundstücke ausgehen und die Verwaltung sich auf größere Flächen wie z.B. den ehemaligen Rangierbahnhof konzentrieren sollte.

Weiterhin gab Herr Löffel zu verstehen, dass er sich nicht mit dem Tübinger Modell anfreunden könne. Er empfahl, die „Finger weg“ von Eingriffen in das Eigentum zu lassen. Vielmehr sollte das Augenmerk auf der Beratung von Bauwilligen liegen.

Abschließend teilte Herr Löffel mit, dass er und seine Stadtratsfraktion der Sitzungsvorlage zustimmen werden.

 

Ausschussmitglied Herr Maier schloss sich seinem Vorredner größtenteils an und vertraute der Verwaltung mit ihrer Einschätzung.

Herr Maier war davon überzeugt, dass sich die Verwaltung zukünftig die Abfrage zur Bauwilligkeit der Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer sparen könne. Auch im Hinblick auf die stetige Reduzierung der Anzahl der Baulücken. Positiv sah Herr Maier, dass die unbebauten Grundstücke gut für das Klima seien.

 

Ausschussmitglied Herr Freiermuth konnte nachempfinden, weshalb die Baubereitschaft der Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer verhalten sei. So sei aufgrund der Wertsteigerung ein Bauplatz eine „gute Bank“ und oftmals werde das Baugelände für Kinder oder Enkel reserviert.

Herr Freiermuth sah weiterhin ein Problem mit der Anwendung des Baugebots bei Altfällen. Im Ankaufsmodell hingegen könnte die Anwendung sinnvoll sein. Die Stadt sollte bewusst steuern. Die Einführung der Grundsteuer C sei zudem begrüßenswert.

Zu guter Letzt hinterfragte Herr Freiermuth, ob denn alle Baulücken „zugekleistert“ werden müssten. Oftmals gebe es dort eine ökologische Vielfalt, die ebenfalls erhaltenswert sei.

 

Ausschussmitglied Frau Kleemann monierte, dass eine Karte mit der Verortung von Baulücken und Leerständen nicht zur Verfügung gestellt wurde. Würden Baulücken in den Bereich von Städtebauförderungsgebieten fallen? Zudem hätte sie gerne eine Gegenüberstellung der Kosten der Eigentümerabfrage und der Erschließung.

 

Herr Kamplade versicherte Frau Kleemann, dass sie Einsicht in das Kartenmaterial und die umfassenden Auswertungen nehmen könne, ihr jedoch aus Datenschutzgründen keine Unterlagen zur Verfügung gestellt werden.

Zu Frau Kleemanns Frage hinsichtlich der Förderprogramme erklärte Herr Kamplade, dass es in den Städtebaufördergebieten der Innenstadt keine Baulücken gebe und in den Sanierungsgebieten Arzheim / Nußdorf die Anzahl der Baulücken sehr überschaubar sei. Die meisten Lücken gebe es in den älteren Neubaugebieten.

In Bezug auf die Gegenüberstellung der Kosten antwortete Herr Kamplade, dass nur eine grobe Schätzung gegeben werden könne, diese jedoch beachtlich sei, weil für jede Baulücke umfassende Gespräche geführt werden müssten.

 

Ausschussmitglied Herr Niederberger mahnte zur Vorsicht in Bezug auf das zur Verfügung stellen von Daten. Zudem riet er davon ab, einen „riesen Aufwand“ für das „Nachtelefonieren“ zu betreiben.

 

Ausschussmitglied Herr Eichhorn hatte eine Frage zum hoheitlichen Instrument des Baugebotes. Weshalb wurde dieses Instrument nicht im Bereich der ehemaligen VR Bank an der Ecke Marktstraße/Martin-Luther-Straße angewendet?

 

Herr Kamplade ging auf Herrn Eichhorns Frage ein und erklärte, dass im genannten Beispiel ein zu hohes Risiko für die Stadt bestand. Die Stadt müsste in letzter Konsequenz in Ersatzvornahme gehen, was bei bebauten Grundstücken für die Stadt teuer werden könnte.


Seitens der Ausschussmitglieder gab es keinen weiteren Klärungsbedarf, so dass der Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen einstimmig bei einer Enthaltung die nachfolgenden Beschlussvorschläge dem Stadtrat empfahl.