Sitzung: 05.10.2021 Stadtrat
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 19, Nein: 9, Enthaltungen: 4, Befangen: 0
Vorlage: 200/340/2021
Aufgrund bestehender Rechtsbedenken ändert der Stadtrat seinen am 14.
September 2021 gefassten Beschluss zur Einführung des „LandauPass“ wie folgt:
1. Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen,
a)
ob
und inwieweit die Teilhabemöglichkeiten für Kinder, Jugendliche und Familien im
bereits bestehenden Landauer Familienpass um weitere Angebote ergänzt und
dieser erweitert werden können,
b)
ob
und inwieweit vorhandene Teilhabeangebote freier Träger und der Stadt für
einkommensschwache und ältere Menschen durch eine Unterstützung der Stadt
gestärkt und eventuell erweitert werden können,
c)
ob
und inwieweit über vorhandene Teilhabemöglichkeiten besser informiert werden
kann, um betroffene Personenkreise besser zu erreichen und Zugänge zu
erleichtern.
2. Eine Umsetzung der vorgenannten Punkte ist
spätestens zum Haushalt 2023 anzustreben.
3. Alle in diesem Zusammenhang zusätzlich
entstehenden Personal-, Sach- und Bewirtschaftungskosten sind vorab samt
vollständiger und „echter“ 1:1 Gegenfinanzierung darzustellen. Dies gilt
sowohl für interne als auch externe Kosten. Die Haushaltsmittel und die damit
einhergehende notwendige Gegenfinanzierung sind im Haushalt darzustellen und
zeitgleich mit der inhaltlichen Umsetzung des Beschlussvorschlages unter Ziffer
1 mit zu beschließen.
4. Der Sozialdezernent berichtet im
Sozialausschuss ausführlich zum aktuellen
Stand städtischer Angebote im Bereich
der Teilhabe (u.a. Familienpass,
Kulturloge) und legt vor der nächsten
Ausschusssitzung im Frühjahr 2022 einen
schriftlichen Bericht vor.
Der Vorsitzende erläuterte die Sitzungsvorlage der
Finanzverwaltung und Wirtschaftsförderung vom 30. September 2021, die dieser
Niederschrift beigefügt ist. Er verwies ferner auf die Anträge der
LINKE-Stadtratsfraktion sowie der GRÜNE-Stadtratsfraktion vom 5. Oktober 2021,
die ebenfalls der Niederschrift beigefügt sind. Zu dem Beschluss des Stadtrates
vom 14. September 2021, einen LandauPass einzuführen, habe er rechtliche
Bedenken geäußert. Daher habe er die Notwendigkeit gesehen, die
Aufsichtsbehörde zu beteiligen. Diese habe seine Rechtsauffassung bestätigt.
Man sehe dennoch das Bedürfnis, das Thema Teilhabe zu optimieren. Er habe
versucht, mit dieser Vorlage Brücken zu bauen. Beispielsweise könne man sich
den Familienpass noch mal ansehen, um gegebenenfalls das Leistungsspektrum zu
erweitern. Unabhängig davon gebe es eine breite Vielfalt von Möglichkeiten der
Teilhabe. Ganz entscheidend sei, bestehende Teilhabemöglichkeiten zu optimieren
statt neue Strukturen zu schaffen. Die Aussage der Aufsichtsbehörde sei
eindeutig, sie verweise auf die vorliegende Verfügung zum Haushalt 2021. Auch
für den kommenden Haushalt 2022 würden sich bereits dramatische Zahlen
abzeichnen. Dem stehe die Erwartungshaltung der ADD gegenüber, im nächsten Jahr
sich in Richtung Haushaltsausgleich zu bewegen. Von Verwaltungsseite könne man
dem Änderungsantrag der LINKE nicht zustimmen. Die Erweiterung der
Verwaltungsvorlage im Tenor des Antrags der GRÜNE-Stadtratsfraktion sei
hingegen unproblematisch.
Ratsmitglied
Schreiner verteidigte den
Beschluss vom 14. September 2021. Er sei progressiv und richtig gewesen.
Offenbar seien Ratsbeschlüsse aber nur dann etwas wert, wenn sie den Ansichten
des Oberbürgermeisters entsprechen. Man hätte gerne von der Verwaltung ein
umfassendes Konzept erarbeiten lassen um dann auch zu wissen, was es kosten
würde. Der vorliegende Kompromissvorschlag sei weit von den Vorstellungen der
LINKEN entfernt. Man habe die Teilhabe von schlechter gestellten Menschen
fundamental erneuern wollen. Der Verwaltungsvorschlag aber leiste dies nicht,
sondern nehme nur Schönheitskorrekturen am Status Quo vor. Es sei dies ein unakzeptables Verhalten des
Oberbürgermeisters und eine reine Machtdemonstration. Der Änderungsantrag
seiner Fraktion sichere zumindest die Grundidee der Abkoppelung der Teilhabe
und gehe weg von einer Fundamentalopposition.
Ratsmitglied
Saßnowski unterstrich, dass
bei diesem Thema unterschiedliche Meinungen und Perspektiven existieren würden.
Die von der Verwaltung eingebrachte Vorlage sei nicht das was man wolle, aber
ein Weg um den Stillstand aus den letzten drei Wochen zu überwinden. Man sollte
jetzt nicht in die alten Muster verfallen, sondern diesen Weg nutzen. Alles
andere bringe die Diskussion keinen Schritt weiter. Ihre Fraktion trage die
Verwaltungsvorlage mit drei Änderungen mit. Zum einen wolle man die Ausweitung
des Familienpasses auf zum Beispiel auch Familien mit zwei Kindern prüfen. Dann
wolle man einen Überblick bekommen über den Status quo aller in Landau
existierenden Teilhabeangebote. Einen entsprechenden schriftlichen Bericht
solle dem Sozialausschuss im Frühjahr 2022 vorgelegt werden. Mit diesen
Informationen könne man dann in eine fachliche Debatte einsteigen.
Man sei nach wie vor
der Meinung, dass die öffentliche Hand den Menschen helfen müsse, die es am
dringendsten brauchen. Die Kritik sei ja gewesen, dass man mit dem LandauPass
weit über das hinaus gehe, was man verpflichtend tun müsse. Aber als Stadt gehe
man häufiger über das hinaus, was gesetzlich vorgegeben sei. Dies hier könne
nicht das Ende des Prozesses sein, sondern sei der Anfang auf dem Weg zu einem
LandauPass. Gegenteilige Schuldzuweisungen würden uns aber keinen Schritt
weiterbringen auf diesem Weg.
Ratsmitglied
Eggers erklärte, dass es
außer Frage stehe, dass Menschen mit geringem Einkommen eine Unterstützung
brauchen. Vor allem Kinder und ältere Menschen seien das schwächste Glied. Die
Verwaltungsvorlage sei hier der richtige Ansatz und eine verantwortungsvolle
Vorgehensweise. In dem Bericht sollte dargelegt werden, wo man den überhaupt
stehe. Viele Familien wüssten gar nicht, dass sie antragsberechtigt seien.
Menschen könnten ja jetzt schon Unterstützung erfahren. Verantwortungsvolles
Umgehen bedeute aber auch, die Kosten gerade im freiwilligen Bereich im Blick
zu behalten. Gerade die freiwilligen Leistungen seien im Vergleich zum Vorjahr
nochmals um 1,9 Millionen Euro angestiegen. Von daher sei eine unkalkulierbare
Ausweitung, so wie man es im Antrag verstanden habe, verantwortungslos. Die von
der Verwaltung vorgeschlagene Vorgehensweise sei sinnvoll und verantwortbar.
Die CDU-Stadtratsfraktion werde der Vorlage zustimmen.
Ratsmitglied
Maier war der Auffassung,
dass es in Landau zwei Arten von freiwilligen Leistungen gebe, nämlich die, die
dem Oberbürgermeister gefallen und die, die im nicht gefallen. Wenn dem
Oberbürgermeister die freiwilligen Leistungen nicht gefallen, dann werde der
Knüppel ADD ins Spiel gebracht. Der ausschließliche Verweis auf freiwillige
Leistungen seien für ihn keine ausreichende Begründung, um rechtliche Bedenken
anzumelden. Für die SPD-Stadtratsfraktion bleibe der Beschluss aus der letzten
Stadtratssitzung gültig. Alle die der Verwaltungsvorlage heute zustimmen,
würden mithelfen, den LandauPass zu beerdigen. Gerade von Seiten der Grünen sei
dies ein opportunistisches Trauerspiel.
Ratsmitglied
Freiermuth erklärte, dass
die Vorlage die Auffassung der FWG bestätige. Es hätte schon damals ein
Prüfauftrag sein sollen. Stattdessen habe man einen Beschluss gefasst, bei
dessen Kosten die Frage der Gegenfinanzierung nicht beantwortet sei. Die
FWG-Stadtratsfraktion werde der Verwaltungsvorlage zustimmen. Es mache nämlich
Sinn zu wissen, was auf einem zukomme. Die hierzu vorliegenden Änderungsanträge
halte man nicht für zielführend. Sicherlich sei es richtig, alle Dinge mal in
einem Bericht auf den Tisch zu bringen. Ein kurzfristiger Bericht, wie es die
Grünen wollen, sei aber so nicht zu schaffen. Daher werde man die
Ergänzungsanträge ablehnen.
Ratsmitglied Dr.
Migl hielt den Beschluss des
Stadtrates vom 14. September für nicht aussetzungsfähig. Dies habe sie sich
juristisch bestätigen lassen. Die Stadt könne selbst entscheiden, wofür die das
Geld aus den freiwilligen Leistungen ausgebe. Der Stadtrat habe ja die
Einführung des LandauPass nicht beschlossen, sondern die Einführung an
Bedingungen geknüpft. Die jetzt hier vorliegende Sitzungsvorlage sei ein
OB-Image-Rettungsantrag. Zudem könne die ADD nicht telefonisch einfach sagen,
dass man dies nicht machen könne. Sie müsse vielmehr schriftlich dazu Stellung
nehmen. Es sei hier da Etatrecht des Stadtrates verletzt. Man wolle als Rat
eben mehr freiwillige Leistungen im sozialen Bereich umsetzen.
Der Vorsitzende wies die Aussagen von Dr. Migl zurück. Er
empfinde es als ehrverletzend sowie für sich als auch für die Mitarbeiter der
Verwaltung wenn hier behauptet werde, man würde mündliche Aussagen der ADD hier
nicht korrekt wiedergeben. Es sei eben ausdrücklich kein Prüfauftrag gewesen,
daher sei der Beschluss sehr wohl aussetzungsfähig.
Ratsmitglied
Silbernagel teilte mit, dass
sich die FDP-Stadtratsfraktion bei der Abstimmung enthalten und den Antrag der
LINKE ablehnen werde.
Ratsmitglied
Kerbstat warf die Frage auf,
wie denn die Sachen finanziert werden, die die Verwaltung vorschlage.
Ratsmitglied
Rocker beanstandete das
Verfahren als rechtswidrig. Das Vorgehen verstoße klar gegen die
Gemeindeordnung, denn es handle sich um einen rechtskräftigen Ratsbeschluss,
der auch umzusetzen sei.
Der Vorsitzende entgegnete, dass es eben noch keine
Aussetzung des Beschlusses sei. Er kündige aber die Aussetzung an, wenn der Rat
die heutige Vorlage ablehne und auf seinem Beschluss vom 14. September 2021
beharre. Deshalb sei diese Vorlage heute ein Angebot an den Stadtrat, der
Versuche eine Brücke zu bauen. Alles andere bringe uns keinen Schritt weiter im
Bemühen um die Menschen, um die es bei dem LandauPass ja eigentlich gehen
solle.
Ratsmitglied
Rocker beharrte darauf, dass
es nicht möglich sei, den Beschluss des Stadtrates vom 14. September zu
ändern.
Die SPD-Stadtratsfraktion verließ vor der
Abstimmung geschlossen die Sitzung.
Bürgermeister Dr. Ingenthron bat die GRÜNE-Stadtratsfraktion schriftlich einzureichen, welche Intention und welchen Inhalt der erbetene Bericht haben solle.
Der Stadtrat beschloss mehrheitlich mit 19 Ja-, 9 Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen: