Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 19, Nein: 9, Enthaltungen: 4, Befangen: 0

Aufgrund bestehender Rechtsbedenken ändert der Stadtrat seinen am 14. September 2021 gefassten Beschluss zur Einführung des „LandauPass“ wie folgt:

 

1.    Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen,

 

a)   ob und inwieweit die Teilhabemöglichkeiten für Kinder, Jugendliche und Familien im bereits bestehenden Landauer Familienpass um weitere Angebote ergänzt und dieser erweitert werden können,

 

b)   ob und inwieweit vorhandene Teilhabeangebote freier Träger und der Stadt für einkommensschwache und ältere Menschen durch eine Unterstützung der Stadt gestärkt und eventuell erweitert werden können,

 

c)   ob und inwieweit über vorhandene Teilhabemöglichkeiten besser informiert werden kann, um betroffene Personenkreise besser zu erreichen und Zugänge zu erleichtern.

 

2.    Eine Umsetzung der vorgenannten Punkte ist spätestens zum Haushalt 2023 anzustreben.

 

3.    Alle in diesem Zusammenhang zusätzlich entstehenden Personal-, Sach- und Bewirtschaftungskosten sind vorab samt vollständiger und „echter“ 1:1 Gegenfinanzierung darzustellen. Dies gilt sowohl für interne als auch externe Kosten. Die Haushaltsmittel und die damit einhergehende notwendige Gegenfinanzierung sind im Haushalt darzustellen und zeitgleich mit der inhaltlichen Umsetzung des Beschlussvorschlages unter Ziffer 1 mit zu beschließen.

 

4.    Der Sozialdezernent berichtet im Sozialausschuss ausführlich zum aktuellen

       Stand städtischer Angebote im Bereich der Teilhabe (u.a. Familienpass,

       Kulturloge) und legt vor der nächsten Ausschusssitzung im Frühjahr 2022 einen

       schriftlichen Bericht vor.

 

 

 


Der Vorsitzende erläuterte die Sitzungsvorlage der Finanzverwaltung und Wirtschaftsförderung vom 30. September 2021, die dieser Niederschrift beigefügt ist. Er verwies ferner auf die Anträge der LINKE-Stadtratsfraktion sowie der GRÜNE-Stadtratsfraktion vom 5. Oktober 2021, die ebenfalls der Niederschrift beigefügt sind. Zu dem Beschluss des Stadtrates vom 14. September 2021, einen LandauPass einzuführen, habe er rechtliche Bedenken geäußert. Daher habe er die Notwendigkeit gesehen, die Aufsichtsbehörde zu beteiligen. Diese habe seine Rechtsauffassung bestätigt. Man sehe dennoch das Bedürfnis, das Thema Teilhabe zu optimieren. Er habe versucht, mit dieser Vorlage Brücken zu bauen. Beispielsweise könne man sich den Familienpass noch mal ansehen, um gegebenenfalls das Leistungsspektrum zu erweitern. Unabhängig davon gebe es eine breite Vielfalt von Möglichkeiten der Teilhabe. Ganz entscheidend sei, bestehende Teilhabemöglichkeiten zu optimieren statt neue Strukturen zu schaffen. Die Aussage der Aufsichtsbehörde sei eindeutig, sie verweise auf die vorliegende Verfügung zum Haushalt 2021. Auch für den kommenden Haushalt 2022 würden sich bereits dramatische Zahlen abzeichnen. Dem stehe die Erwartungshaltung der ADD gegenüber, im nächsten Jahr sich in Richtung Haushaltsausgleich zu bewegen. Von Verwaltungsseite könne man dem Änderungsantrag der LINKE nicht zustimmen. Die Erweiterung der Verwaltungsvorlage im Tenor des Antrags der GRÜNE-Stadtratsfraktion sei hingegen unproblematisch.

 

Ratsmitglied Schreiner verteidigte den Beschluss vom 14. September 2021. Er sei progressiv und richtig gewesen. Offenbar seien Ratsbeschlüsse aber nur dann etwas wert, wenn sie den Ansichten des Oberbürgermeisters entsprechen. Man hätte gerne von der Verwaltung ein umfassendes Konzept erarbeiten lassen um dann auch zu wissen, was es kosten würde. Der vorliegende Kompromissvorschlag sei weit von den Vorstellungen der LINKEN entfernt. Man habe die Teilhabe von schlechter gestellten Menschen fundamental erneuern wollen. Der Verwaltungsvorschlag aber leiste dies nicht, sondern nehme nur Schönheitskorrekturen am Status Quo vor.  Es sei dies ein unakzeptables Verhalten des Oberbürgermeisters und eine reine Machtdemonstration. Der Änderungsantrag seiner Fraktion sichere zumindest die Grundidee der Abkoppelung der Teilhabe und gehe weg von einer Fundamentalopposition.

 

Ratsmitglied Saßnowski unterstrich, dass bei diesem Thema unterschiedliche Meinungen und Perspektiven existieren würden. Die von der Verwaltung eingebrachte Vorlage sei nicht das was man wolle, aber ein Weg um den Stillstand aus den letzten drei Wochen zu überwinden. Man sollte jetzt nicht in die alten Muster verfallen, sondern diesen Weg nutzen. Alles andere bringe die Diskussion keinen Schritt weiter. Ihre Fraktion trage die Verwaltungsvorlage mit drei Änderungen mit. Zum einen wolle man die Ausweitung des Familienpasses auf zum Beispiel auch Familien mit zwei Kindern prüfen. Dann wolle man einen Überblick bekommen über den Status quo aller in Landau existierenden Teilhabeangebote. Einen entsprechenden schriftlichen Bericht solle dem Sozialausschuss im Frühjahr 2022 vorgelegt werden. Mit diesen Informationen könne man dann in eine fachliche Debatte einsteigen.

Man sei nach wie vor der Meinung, dass die öffentliche Hand den Menschen helfen müsse, die es am dringendsten brauchen. Die Kritik sei ja gewesen, dass man mit dem LandauPass weit über das hinaus gehe, was man verpflichtend tun müsse. Aber als Stadt gehe man häufiger über das hinaus, was gesetzlich vorgegeben sei. Dies hier könne nicht das Ende des Prozesses sein, sondern sei der Anfang auf dem Weg zu einem LandauPass. Gegenteilige Schuldzuweisungen würden uns aber keinen Schritt weiterbringen auf diesem Weg.

 

Ratsmitglied Eggers erklärte, dass es außer Frage stehe, dass Menschen mit geringem Einkommen eine Unterstützung brauchen. Vor allem Kinder und ältere Menschen seien das schwächste Glied. Die Verwaltungsvorlage sei hier der richtige Ansatz und eine verantwortungsvolle Vorgehensweise. In dem Bericht sollte dargelegt werden, wo man den überhaupt stehe. Viele Familien wüssten gar nicht, dass sie antragsberechtigt seien. Menschen könnten ja jetzt schon Unterstützung erfahren. Verantwortungsvolles Umgehen bedeute aber auch, die Kosten gerade im freiwilligen Bereich im Blick zu behalten. Gerade die freiwilligen Leistungen seien im Vergleich zum Vorjahr nochmals um 1,9 Millionen Euro angestiegen. Von daher sei eine unkalkulierbare Ausweitung, so wie man es im Antrag verstanden habe, verantwortungslos. Die von der Verwaltung vorgeschlagene Vorgehensweise sei sinnvoll und verantwortbar. Die CDU-Stadtratsfraktion werde der Vorlage zustimmen.

 

Ratsmitglied Maier war der Auffassung, dass es in Landau zwei Arten von freiwilligen Leistungen gebe, nämlich die, die dem Oberbürgermeister gefallen und die, die im nicht gefallen. Wenn dem Oberbürgermeister die freiwilligen Leistungen nicht gefallen, dann werde der Knüppel ADD ins Spiel gebracht. Der ausschließliche Verweis auf freiwillige Leistungen seien für ihn keine ausreichende Begründung, um rechtliche Bedenken anzumelden. Für die SPD-Stadtratsfraktion bleibe der Beschluss aus der letzten Stadtratssitzung gültig. Alle die der Verwaltungsvorlage heute zustimmen, würden mithelfen, den LandauPass zu beerdigen. Gerade von Seiten der Grünen sei dies ein opportunistisches Trauerspiel.

 

Ratsmitglied Freiermuth erklärte, dass die Vorlage die Auffassung der FWG bestätige. Es hätte schon damals ein Prüfauftrag sein sollen. Stattdessen habe man einen Beschluss gefasst, bei dessen Kosten die Frage der Gegenfinanzierung nicht beantwortet sei. Die FWG-Stadtratsfraktion werde der Verwaltungsvorlage zustimmen. Es mache nämlich Sinn zu wissen, was auf einem zukomme. Die hierzu vorliegenden Änderungsanträge halte man nicht für zielführend. Sicherlich sei es richtig, alle Dinge mal in einem Bericht auf den Tisch zu bringen. Ein kurzfristiger Bericht, wie es die Grünen wollen, sei aber so nicht zu schaffen. Daher werde man die Ergänzungsanträge ablehnen.

 

Ratsmitglied Dr. Migl hielt den Beschluss des Stadtrates vom 14. September für nicht aussetzungsfähig. Dies habe sie sich juristisch bestätigen lassen. Die Stadt könne selbst entscheiden, wofür die das Geld aus den freiwilligen Leistungen ausgebe. Der Stadtrat habe ja die Einführung des LandauPass nicht beschlossen, sondern die Einführung an Bedingungen geknüpft. Die jetzt hier vorliegende Sitzungsvorlage sei ein OB-Image-Rettungsantrag. Zudem könne die ADD nicht telefonisch einfach sagen, dass man dies nicht machen könne. Sie müsse vielmehr schriftlich dazu Stellung nehmen. Es sei hier da Etatrecht des Stadtrates verletzt. Man wolle als Rat eben mehr freiwillige Leistungen im sozialen Bereich umsetzen.

 

Der Vorsitzende wies die Aussagen von Dr. Migl zurück. Er empfinde es als ehrverletzend sowie für sich als auch für die Mitarbeiter der Verwaltung wenn hier behauptet werde, man würde mündliche Aussagen der ADD hier nicht korrekt wiedergeben. Es sei eben ausdrücklich kein Prüfauftrag gewesen, daher sei der Beschluss sehr wohl aussetzungsfähig.

 

Ratsmitglied Silbernagel teilte mit, dass sich die FDP-Stadtratsfraktion bei der Abstimmung enthalten und den Antrag der LINKE ablehnen werde.

 

Ratsmitglied Kerbstat warf die Frage auf, wie denn die Sachen finanziert werden, die die Verwaltung vorschlage. 

 

Ratsmitglied Rocker beanstandete das Verfahren als rechtswidrig. Das Vorgehen verstoße klar gegen die Gemeindeordnung, denn es handle sich um einen rechtskräftigen Ratsbeschluss, der auch umzusetzen sei.

 

Der Vorsitzende entgegnete, dass es eben noch keine Aussetzung des Beschlusses sei. Er kündige aber die Aussetzung an, wenn der Rat die heutige Vorlage ablehne und auf seinem Beschluss vom 14. September 2021 beharre. Deshalb sei diese Vorlage heute ein Angebot an den Stadtrat, der Versuche eine Brücke zu bauen. Alles andere bringe uns keinen Schritt weiter im Bemühen um die Menschen, um die es bei dem LandauPass ja eigentlich gehen solle.

 

Ratsmitglied Rocker beharrte darauf, dass es nicht möglich sei, den Beschluss des Stadtrates vom 14. September zu ändern. 

 

Die SPD-Stadtratsfraktion verließ vor der Abstimmung geschlossen die Sitzung.

 

Bürgermeister Dr. Ingenthron bat die GRÜNE-Stadtratsfraktion schriftlich einzureichen, welche Intention und welchen Inhalt der erbetene Bericht haben solle.              


Der Stadtrat beschloss mehrheitlich mit 19 Ja-, 9 Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen: