Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 22, Nein: 15, Enthaltungen: 5

die Resolution „Kommunales Wahlrecht für Alle“ und fordert das kommunale Wahlrecht für alle Migranten und Migrantinnen.

 


Der Vorsitzende verwies auf den Antrag des Beirates für Migration und Integration vom 10. Januar 2011, der dieser Niederschrift als Anlage beigefügt ist.

 

Herr Tas, Vorsitzender des Beirates Migration und Integration, begründete den Antrag. Das Kommunalwahlrecht unterscheide deutlich zwischen Bürgern und Einwohnern. So seien die Rechte der Bürger um die politische Mitwirkung als wichtigstem Instrument der demokratischen Teilhabe erweitert. Nur durch das kommunale Wahlrecht bestehe die Möglichkeit einen unmittelbaren Einfluss auf die direkte Lebenswelt zu nehmen. Dem Nicht-Deutschen und dem Nicht-EU-Bürger blieben diese Rechte verwehrt. Sie würden lediglich aufgrund ihrer Herkunft ausgegrenzt. In einer Vielzahl von EU-Ländern sei das Kommunalwahlrecht für Drittstaatler schon seit Jahren Standard. Auch die EU empfehle ihren Mitgliedsländern dieses Recht zu gewähren.

Ganz deutlich zeige sich der Unterschied zwischen ihm und Frau Chillemi Jungmann. Beide seien im Beirat Migration, beide hätten nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Frau Chillemi als Italienerin, als EU-Bürgerin, aber sitze im Stadtrat und könne an der Gestaltung der Stadt Landau mitwirken. Er als Türke, als Nicht-EU-Bürger, dürfe dies nicht. Dies sei kein Einzelfall und diese Ungleichbehandlung sei nur schwer zu erklären. Viele der Drittstaatler würden ihrer Wahlheimat verbunden bleiben. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer betrage mittlerweile 16 Jahre.

Es gebe sicherlich Differenzen welcher Aufenthaltszeitraum oder welcher Aufenthaltsstatus als Grundlage dienen solle. Über diese wichtigen Details müsse gesprochen werden, aber dies geschehe auf anderer Ebene.

Die Demokratie brauche jede Stimme, auch die der Migranten aus Drittstaaten. Daher bitte er um Unterstützung für die Resolution.

 

Der Vorsitzende dankte Herrn Tas für seine engagierte Rede. Das Kommunalrecht für Drittstaatler sei ein schwieriges Thema. Er verweise hier auf die Stellungnahme des Städtetages Rheinland-Pfalz, aus der die Knackpunkte sehr deutlich würden. Seine persönliche Meinung sei aber, dass man den Artikel 28 des Grundgesetzes ändern sollte um den Drittstaatlern das Kommunalwahlrecht zu ermöglichen. Aus seiner Sicht gebe es keinen Grund hier eine Unterscheidung zwischen EU-Bürgern und Nicht-EU-Bürgern vorzunehmen. Eine Beteiligung an Kommunalwahlen sollte allen Bürgern möglich sein unabhängig von ihrer Herkunft. Man sollte sich aber keinen Illusionen hingeben. Es werde sehr schwer sein, auf Bundesebene die 2/3-Mehrheit für die Änderung des Artikel 28 Grundgesetz zu erhalten. Schon die Meinung im Stadtvorstand sei hier nicht einheitlich. Dies müsse man respektieren.

 

Ratsmitglied Chillemi Jungmann erklärte, dass die SPD-Stadtratsfraktion bis auf eine Person diese Resolution unterstütze. Es sei wohl richtig, dass die Kommune die Entscheidung zum Kommunalen Wahlrecht nicht treffen könne. Hierfür sei der Bund zuständig. Integration aber laufe vor allem auf kommunaler Ebene. Es habe schon viele Schritte bei der Integration gegeben, nun sollte man auch diesen Schritt gehen.

 

Ratsmitglied Morio war der Auffassung, dass man dieses Thema aus vielen Sichtweisen betrachten könne. Die CDU habe Verständnis für den Antrag und für diese Resolution. Das Thema sei ja nicht neu und werde schon viele Jahre auch auf Bundesebene diskutiert. Geschehen sei aber letztlich all die Jahre nichts. Auch Rot/Grün habe das Projekt nicht angepackt, die FDP sage Ja-aber und die CDU sei ohne klare Aussage. Wenn man dies alles betrachte, sei eine nötige Zwei-Drittel-Mehrheit doch sehr unwahrscheinlich. Die kommunalen Spitzenverbände würden das Kommunale Wahlrecht für Drittstaatler ablehnen mit der nachvollziehbaren Begründung, dass man das Kommunalwahlrecht nicht zum Experimentierfeld machen sollte. Es gebe dann noch die Auffassung der Verfassungsrechtler, die von einer Verfassungswidrigkeit einer solchen Regelung ausgehen. Dies sei auch für die CDU-Stadtratsfraktion der Knackpunkt, dass man den Antrag nicht unterstützen könne. Es sei seiner Meinung nach der bessere Weg, die Voraussetzungen für die Annnahme der deutschen Staatsbürgerschaft zu erleichtern.

Aus den dargelegten Gründen lehne die CDU-Stadtratsfraktion diese Resolution mehrheitlich ab.

 

Ratsmitglied Schröer unterstrich, dass die Grünen schon immer für das Kommunale Wahlrecht für alle gewesen seien. Die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit sei aber auf Bundesebene nicht erreichbar gewesen. Daran habe sich auch jetzt wohl nichts geändert. Sie fände gut, wenn Drittstaatler Teilhabe an der politischen Willensbildung auf kommunaler Ebene hätten. Die Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen unterstützen daher diese Resolution.

 

Ratsmitglied Gauer sagte, dass es bei diesem Thema ein sehr vielfältiges Meinungsbild gebe. Auch in seiner Fraktion spiegele sich dies wider. Die FWG-Stadtratsfraktion werde daher ebenfalls unterschiedlich abstimmen.

 

Ratsmitglied Silbernagel schloss sich den Ausführungen von Herrn Gauer an. Auch die FDP-Stadtratsfraktion werde nicht einheitlich abstimmen. Er halte es für wichtig, in die Resolution noch Bedingungen für das Kommunalwahlrecht mit aufzunehmen. So sollte beispielsweise die Mindestaufenthaltsdauer zur Erlangung des Wahlrechts geregelt sein, auch wenn dies auf anderer Ebene entschieden werde.

 

Ratsmitglied Dr. Migl unterstützte die Resolution. Die UBFL-Stadtratsfraktion schließe sich den Argumenten von Herrn Tas und vom Beirat für Migration an. Das Kommunalwahlrecht sei eine gute Möglichkeit, sich als Bürger einzubringen. Die vorliegende Resolution schaffe Bewusstsein für die vorhandenen Defizite im Bereich der Integration.

 

Der Vorsitzende erklärte, dass die Wortbeiträge zeigen wie kompliziert das Thema sei. Er halte es für völlig legitim, hier unterschiedlicher Meinung zu sein. Die Meinungen seien ja auch innerhalb der Fraktionen geteilt. Letztlich sei dies auch eine Gewissensentscheidung. Es sei sehr erfreulich, dass es hier eine sehr sachliche Diskussion gegeben habe.   

 

Bürgermeister Hirsch begründete seine ablehnende Haltung zum Kommunalwahlrecht für Drittstaatler. Er sei der Auffassung, dass das Kommunalwahlrecht zu kurz greife. Man brauche hier seiner Meinung nach einen ganzheitlichen Ansatz. Er teile die Auffassung des Städtetages. Das Kommunalwahlrecht sei nur ein Teil des Wahlrechts und dürfe nicht zum Experimentierfeld werden.

 

Herr Tas bedankte sich für die sachliche und ernsthafte Diskussion des Stadtrates. Er könne versichern, dass er und der Beirat die Abstimmung akzeptieren würden, egal wie es ausgehe. Zu den verschiedenen Wortbeiträgen wolle er doch noch einiges sagen. Wenn jemand Jahrzehnte hier sei und hier lebe, dann sei er „Deutscher“. Für wichtig halte er es, miteinander – als Deutsche und als Nichtdeutsche – etwas zu bewegen. Den Hinweis, dass man sich im Beirat für Migration und Integration engagieren könne, halte er für nicht ausreichend. Der Beirat habe nämlich nur beratende Funktion und könne nicht mitentscheiden. Letztlich gehe es um 4,5 Millionen Menschen, die man ausschließe.   


Der Stadtrat beschloss mehrheitlich mit 22 Ja,- 15 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen: