Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 16, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0

Beschlussvorschläge:

1.         Für das in der Anlage umgrenzte Gebiet der Gemarkung Landau wird der vorhabenbezogene Bebauungsplan „C 17 D, Kisselhöfe Herrenbergstraße“ gemäß § 12 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 2 Abs. 1 BauGB aufgestellt. Der Aufstellungsbeschluss wird gem. § 2 Abs. 1 BauGB ortsüblich bekannt gemacht.

 

2.         Die Verwaltung wird beauftragt, die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB und die frühzeitige Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 1 BauGB auf der Grundlage des Geltungsbereichs und des Vorentwurfs des Vorhaben- und Erschließungsplanes vorzunehmen.

 

3.         Die Verwaltung wird mit der Vorbereitung des gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB mit dem Vorhabenträger vor Satzungsbeschluss abzuschließenden Durchführungsvertrags beauftragt.

 

 


Der Vorsitzende führte in die Sitzungsvorlage der Abteilung Stadtplanung und Stadtentwicklung vom 16.12.2021 ein, auf die verwiesen wird. Er begrüßte für den Vorhabenträger Herrn Helmut Braun und Frau Christin Arto der Kissel-Stiftung sowie deren Architekten Herrn Matthias Kröss und Paul Ohnmacht vom Planungsbüro ATP Innsbruck Planungs GmbH, die im Anschluss das Bauprojekt „Kisselhöfe“ und die Revitalisierung der bereits zum Teil bebauten Flächen im Bereich der Herrenbergstraße dem Ausschuss präsentieren werden.

 

Herr Kröss zeigte zu Beginn des Vortrags den Geltungsbereich und erläuterte die notwendige Umnutzung in ein Mischgebiet nach BauNVO für die beabsichtigte Entwicklung.

 

Herr Ohnmacht übernahm die Erläuterungen zur Gebäudetypologie der insgesamt sechs Baukörper, die trotz ihrer jeweils 20 m Entfernung miteinander verbunden sein werden und sich aufgrund ihrer südlichen Ausrichtungen gegenseitig kaum verschatten und eine Durchlüftung ermöglichen bzw. die Frischluftzufuhr nicht blockieren. Unter Berücksichtigung der Topografie (hier: Niveausprung von 3 m) sollen die Baukörper mit der Umgebung verschmelzen und eine eigene Identität mit insgesamt drei Aufenthaltsflächen, unter anderem auf dem Dach des Supermarkts, entwickeln. Zudem werde eine Riegelbebauung in Mäanderform mit Laubengängen im nördlichen Gebäudeteil als Abgrenzung und zugleich als Lärmschutz zu den Großgewerbebetrieben dienen. Das Planungsbüro folge dem Prinzip des „Green Deals“, welches den Erhalt bzw. die Schaffung vieler Grünflächen vorsehe. Mit der städtischen Grünflächenabteilung stehe man bereits in Kontakt, um zu prüfen, welche Bäume auf dem momentan zu zwei Dritteln versiegelten Areal erhalten werden können. So werde die Tiefgarage nicht bis zu den Grundstücksgrenzen reichen, um in den westlichen und südlichen Grundstücksbereichen den Baumbestand zu erhalten.

Herr Ohnmacht merkte an, dass der Supermarkt, ein Vollsortimenter, unter einem Gründach errichtet werde. Die etwa 380 Stellplätze werden weitgehend unter den Gebäuden und in separaten Parketagen errichtet. Die Grundrisse aller Gebäude seien noch in der Planung, sollen allerdings eine gewisse Flexibilität für zukünftige Entwicklungen bieten.

Herr Ohnmacht ging als Nächstes auf die verkehrliche Erschließung des Areals ein. Beabsichtigt sei, etwa zwei Drittel des Verkehrs über die Herrenbergstraße zu leiten. Insgesamt schlage das Planungsbüro drei Zufahrtsmöglichkeiten vor. Die Wohnstraße „Am Gutleuthaus“ bleibe allerdings eine Wohnstraße ohne Erschließungsfunktion für die „Kisselhöfe“.

 

Der Vorsitzende dankte den Vortragenden und bat Herrn Kamplade um dessen städtebauliche Einordnung.

 

Herr Kamplade begrüßte aus fachlicher Sicht die beabsichtigte Innenentwicklung. Die Dichte von 100 Wohneinheiten je Hektar (WE/ha) biete die Voraussetzung für eine gewisse Urbanität im Landauer Norden. Auch die Ergänzung der Nahversorgung durch einen Vollsortimenter an dieser Stelle halte Herr Kamplade für verträglich.

Die Details über Gestaltung und Architektur stehen noch nicht fest, gab Herr Kamplade zu bedenken. Das Planungsbüro habe zunächst nur Kubaturen dargestellt, deren Ausarbeitung noch Monate in Anspruch nehmen werde. In der hiesigen Ausschusssitzung gehe es um die Erteilung des „Startschusses“ für das Bauplanungsverfahren und die städtebauliche Körnung der Quartiersentwicklung. Der Vorhabenbezogene Bebauungsplan sehe mehrere Beteiligungen, z.B. in Bezug auf den Natur- und Denkmalschutz, die Industrie- und Handelskammer, die Nachbarschaft, etc., vor, so dass es ein zweigestuftes Verfahren geben werde. Insbesondere die Anwohner:innen sollen bei der frühzeitigen Beteiligung die Möglichkeit haben, die Unterlagen zumindest digital einzusehen. Je nach Lage der Pandemie könne auch eine Informationsveranstaltung abgehalten werden. Herr Kamplade schätzte daher, dass das Baurecht frühestens in einem Jahr bestehen könnte – nach Durchführung eines qualifizierten Bebauungsplanverfahrens. Eine Anpassung der Flächennutzungsplanung sei nicht notwendig, weil der neue Flächennutzungsplan 2030 die Quartiersentwicklung bereits berücksichtige.

 

Der Vorsitzende merkte an, dass der Abriss der Bestandsgebäude von dem Baurechtsverfahren nicht abhängig sei und auch ohne Bebauungsplan möglich sei. Derzeit sei der Abriss der Gebäude für den Sommer 2022 geplant sei.

Ausschussmitglied Herr Feig bedankte sich für die „spannende“ Darstellung und erwähnte, dass seine Stadtratsfraktion das Vorhaben unterstützen werde. Insbesondere die „wunderbare Durchmischung“ in einem bereits stark versiegelten Areal sei begrüßenswert. Dennoch ergaben sich einige Fragen, wie z.B. nach dem KfW-Standard der Gebäude oder die Anzahl der Ladesäulen für die E-Mobilität sowie die Anzahl der Fahrradständer.

 

Ausschussmitglied Herr Löffel hielt den Vortrag bereits für sehr aussagekräftig und erwähnte, dass im Flächennutzungsplan 2030 der Nahversorger am Standort in der Herrenbergstraße berücksichtigt wurde. Somit werde der Landauer Norden eine gute Anbindung zur Nahversorgung erhalten. Kritisch sah Herr Löffel trotz der guten ersten Darstellungen die hohe Verdichtung und die Anfahrt im Norden zur Lotschstraße sowie den zu erwartenden Parksuchverkehr. Herr Löffel regte daher an, einen hohen Wert auf die rechtzeitige Einbindung aller Beteiligten (u.a. Anwohner:innen und Gewerbetreibende) zu legen.

 

Ausschussmitglied Herr Eisold bezeichnete die Entwicklung im Landauer Norden als gut und begrüßte die geplanten verbesserten Einkaufsmöglichkeiten. Die Zufahrt über die Lotschstraße sowie die Anbindung an die Straße Am Gutleuthaus sei vom Vorhabenträger noch darzulegen.

Weiterhin fragte Herr Eisold nach den Lärmmessungen insbesondere zu den Gewerbebetrieben hin und wie die Errechnung der Anzahl der Parkplätze erfolgte.

Abschließend richtete Herr Eisold eine Frage hinsichtlich der Nachhaltigkeitseinschätzung an die Verwaltung. Da die Bebauung CO2-lastig sein werde, sei die positive Bewertung in der Nachhaltigkeitseinschätzung ggf. zu überdenken.

 

Der Vorsitzende betonte, dass die Nachhaltigkeitseinschätzung der Verwaltung ökologische, ökonomische und soziale Aspekte beinhalte. Es handele sich somit um eine Gesamtdarstellung aller Nachhaltigkeitsbelange durch die Verwaltung, nicht um eine politische oder gar abschließende Abwägung und Bewertung.

 

Ausschussmitglied Herr Freiermuth erwähnte, dass die Beschlussvorlage auf großes Interesse innerhalb seiner Stadtratsfraktion stieß. Die Riegel- und Punktbebauung gefalle Herrn Freiermuth, weshalb er auf Akzeptanz bei der Anwohnerschaft hoffe.

Herr Freiermuth gab zu bedenken, dass es trotz der Zentrumsnähe für ältere Menschen schwierig werde, das Stadtzentrum zu erreichen. Zudem werde ein höheres Verkehrsaufkommen zu erwarten sein.

 

Ausschussmitglied Herr Niederberger begrüßte das Bauvorhaben und fragte, ob ein Bolzplatz in die weitere Planung aufgenommen werden könne.

Die Aufteilung der Wohneinheiten sei ebenfalls erfreulich, insbesondere die flexiblen Nutzungsmöglichkeiten zu späteren Zeitpunkten. Die Zuwegungen und die Durchlässigkeit hin zum Schützenhof werde Herr Niederberger auch begrüßen. Da jedoch ein großes Gelände für die Gewerbenutzung wegfallen wird, interessierte sich Herr Niederberger für mögliche Ausgleichsflächen. Wie könnten gewerbliche Ersatzflächen geschaffen werden?

 

Ausschussmitglied Herr Schmidt zeigte sich erfreut, dass die bereits überwiegend versiegelte Fläche eine Umwidmung in Wohnnutzungen erfahren werde und Landau zu den Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt zähle. Auch die Anwendung der Solar- und Quotierungsrichtlinie sei positiv zu werten.

 

Ausschussmitglied Frau Kleemann gefiel die lockere Bebauung mit „viel Grün“. Die Belieferung des Marktes über die Tiefgarage im nördlichen Gebäuderiegel habe „Charme“ und biete dadurch einen besseren Schallschutz.

 

Beratendes Ausschussmitglied Herr Scherrer regte an, auch für ältere Menschen geförderte Wohnungen zu errichten und fragte nach einer möglichen Kombination der Wohnformen „altersgerecht“ und „öffentlich gefördert“. Herr Scherrer bat den Vorhabenträger außerdem um eine rechtzeitige Beteiligung des Beirates für die Belange älterer Menschen, da immerhin 76 Wohnungen „Silver Living“ entstehen und altersgerechte Serviceangebote für Senior:innen geschaffen werden sollen.

 

Der Beigeordnete nahm Bezug auf die verkehrliche Anbindung und merkte an, dass eine Bushaltestelle an der Herrenbergstraße ca. im Zehn-Minuten-Takt eine „exzellente“ Anbindung zur Innenstadt ermögliche. Weiterhin werde die Stadtverwaltung die Belastung der Straßen mittels neu angeschafftem Zählgerät zu verschiedenen Tageszeiten prüfen.

 

Herr Ohnmacht bestätigte, dass die verkehrliche Anbindung ein großes Thema sei. Durchfahrten, z.B. für den Fahrradverkehr, und steuerbare Verbindungen (in Not- oder Haveriefällen) werden hinsichtlich der technischen Möglichkeiten betrachtet und bei der weiteren Ausführung berücksichtigt. Ein entsprechendes Gutachten müsse noch abgewartet werden. Die geförderten Mietwohneinheiten sollen über die Lotschstraße erschlossen werden, die Straße „Am Gutleuthaus“ werde hingegen eine Sackgasse bleiben. Der Markt werde im Norden der Herrenbergstraße erschlossen und sei somit entkoppelt vom Privat- bzw. Kundenverkehr.

Die Anregung eines Bolzplatzes von Herrn Niederberger werde gerne in die weitere Planung aufgenommen, versicherte Herr Ohnmacht.

Herr Ohnmacht erwähnte als Nächstes, dass die Solarrichtlinie sowie die Quotierungsrichtlinie für den geförderten Wohnungsbau bereits vom Vorhabenträger unterschrieben wurden und somit in der Planung Berücksichtigung finden.

Abschließend informierte Herr Ohnmacht, dass an allen Hauseingängen Fahrradabstellmöglichkeiten geschaffen werden und zurzeit untersucht werde, wo strategisch sinnvoll weitere 250 Fahrradstellplätze entstehen können.

 

Frau Arto ging auf Herrn Feigs Fragen ein und versicherte, dass E-Ladesäulen in ausreichender Anzahl eingeplant werden und es neben Fahrradstellplätzen auch Stellplätze für Lastenräder geben werde.

 

Herr Braun ergänzte Frau Arto und betonte, dass mit dem Bauvorhaben die Kissel-Stiftung mehr in die Öffentlichkeit gerückt werden solle.

 

Ausschussmitglied Herr Lerch fragte, ob es in der Herrenbergstraße eine Abbiegespur geben werde.

 

Herr Kamplade nahm Bezug auf Herrn Lerchs Frage und teilte mit, dass bereits erste Voranfragen an das LBM (Landesbetrieb Mobilität) gerichtet wurden und Vorüberlegungen in diese Richtung laufen. Eine Linksabbiegespur sei denkbar, müsse aber noch durch ein Verkehrsgutachten geklärt werden. Die Durchlässigkeit auf dem Areal für den nicht-motorisierten Verkehr werde sichergestellt und sei ein wichtiges Motiv des Vorhabenträgers, so dass es für Anwohner:innen möglich sei, ohne Kfz einkaufen zu können.

 

Der Vorsitzende ging auf Herrn Niederbergers Frage der Ausgleichsflächen für Gewerbenutzungen ein und betonte, dass im Osten der Stadt im Gebiet „D12“ in ausreichendem Umfang entstehen werden.

 

Herr Kröss antwortete zu Herrn Feigs Frage hinsichtlich der KfW-Standards, dass man sich noch am Anfang der Planungen befinde. Im Rahmen des „Green Deals“ beabsichtige der Vorhabenträger, vorwiegend erneuerbare Energien und regionale Materialien zu verwenden. Herr Kröss gehe letztlich davon aus, dass der KfW-40-Standard umgesetzt werde.

 

Da sich keine Wortmeldungen ergaben, konnte der Vorsitzende in die Beschlussfassung leiten.


Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen empfahl im Anschluss der Projektvorstellung dem Ortsbeirat Nußdorf, dem Hauptausschuss sowie dem Stadtrat einstimmig, den nachfolgenden Beschlussvorschlägen zuzustimmen.