Sitzung: 24.02.2011 Jugendhilfeausschuss
Der Vorsitzende begrüßt Herrn Müller, den Geschäftsführenden des
Instituts für Sozialpädagogische Fortbildung Mainz (ISM). Seit dem Jahr 2002
wird das Projekt durch das ISM im Auftrag des Ministeriums für Bildung,
Wissenschaft, Jugend und Kultur sowie
aller 41 rheinland-pfälzischen Jugendämtern durchgeführt.
Herr Müller stellt den 3. Jahresbericht des Projekts und das
vorliegende Profil für die Stadt Landau in der Pfalz aus dem Jahr 2009 vor. Präsentiert
werden die zentralen Ergebnisse und Kernbefunde im Vergleich der einzelnen
Jugendamtsbezirke in Rheinland-Pfalz. Durch Auswertung der erhobenen Daten
sollen Informationen gewonnen werden, welche Ursachen und Hintergründe sich
bedarfsbeeinflussend für die Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung auswirken
und welche Konsequenzen daraus gezogen werden können.
Die Erhebung macht deutlich, dass trotz einer rückgängigen Anzahl
junger Menschen der Bedarf an erzieherischen Hilfen, insbesondere im Bereich
der ambulanten Hilfen, erheblich steigt. Auffällig ist ein deutlicher
soziostruktureller Unterschied zwischen den kreisfreien Städten und den
Landkreisen in Rheinland-Pfalz. Einflussgrößen wie familiärer Wandel,
Armutsstruktur und Bevölkerungsentwicklung sowie Auswirkungen der
Kindesschutzdebatte können zu einem größeren Bedarf an Hilfen führen. Aufgrund
wachsende Fallzahlen und veränderte Anforderungen kommt es zu
Überlastungsanzeigen bei den Mitarbeitern der Jugendämter. Insbesondere die
Schnittstelle Hilfe zur Erziehung und Kindesschutz gewinnt an Wichtigkeit.
Insgesamt zeigt sich, dass die Stadt Landau im Vergleich der
kreisfreien Städte bei einigen Daten relativ gut dasteht und in anderen
Bereichen durchschnittliche Werte aufweist. Weitere Informationen sind der
beigefügten Ausfertigung der Powerpoint-Präsentation zu entnehmen.
Der 3. Landesbericht kann unter der Internetseite des Ministeriums www.masgff.rlp.de heruntergeladen werden.
Frau Schwarzmüller bemerkt, dass die positiven statistischen Daten über
die Armutslage in Landau nichts darüber aussagen, ob durch ein hohen
Preisniveau in der Stadt der Zuzug von ärmeren Personen verhindert werde und
inwieweit Alleinerziehende betroffen sind. Herr Müller verweist auf die
Erhebungen zur Personengruppe der Alleinerziehenden. Diese Lebenslage ist
höchst risikobehaftet und es besteht ein hoher Zusammenhang mit der Nachfrage
nach Hilfen zur Erziehung. Erforderlich sind Präventivmaßnahmen und das frühe
Einsetzen von Hilfen.
Durch einen breiten und bedarfsgerechten Ausbau ambulanter und
teilstationärer Hilfen können stationäre Maßnahmen vermieden werden. Die Stadt
Landau liegt durch die Umsetzung ihres Konzepts zum Ausbau der ambulanten
Hilfen in diesem Bereich an der Spitze.
Frau Schwarzmüller interessiert, ob es Gegenüberstellungen gibt, ob
ambulante oder stationäre Hilfen erfolgreicher sind. Herr Müller antwortet, dass hierzu keine
allgemeingültige Aussage getroffen werden kann. Um den größtmöglichen Erfolg zu
erzielen, sei es wichtig, zum richtigen Zeitpunkt die richtige Hilfe zu
leisten. Zwei Drittel der gesamten Hilfemaßnahmen seien erfolgreich. In diesem
Kontext gebe es aber noch einen großen Forschungsbedarf.
Ein weiteres wichtiges Thema der Jugendhilfe ist die Entwicklung der
Hilfen für behinderte junge Menschen. Hier ist der Ausbau der Schnittstelle
Schule – Jugendamt erforderlich. Die Aufgabenstellung ist jedoch nur im
Zusammenwirken von Land und Kommune zu bewerkstelligen.
Frau Thomas stellt fest, dass die Statistik zwar Aussagen darüber
treffe, dass Landau im Landesvergleich relativ gut dastehe, aber nicht darüber
informiere, ob sich Landau in den letzten Jahren besser oder schlechter
entwickelt habe. Sie fragt nach, ob eine Erhebung im Jahresvergleich möglich
wäre.
Herr Eisenstein gibt zu bedenken, dass eine Bewertung des Begriffes
„besser“ im Zusammenhang mit den Daten zur Inanspruchnahme der erzieherischen
Hilfen sehr schwierig sei. Erforderlich sei, dass die Maßnahmen gewährt werden,
die bedarfsgerecht sind. Er regt an, im
nächsten Bericht auch Fallzahlenänderungen für Landau darzustellen.
Herr Müller antwortet, dass das entsprechende Material vorliege. Der
Fokus der Erhebung sei jedoch darauf gerichtet, neue Anforderungen und
Entwicklungen sowie strukturelle Veränderungen aufzuzeigen und dadurch eine
Hilfestellung bei der Planung neuer Konzepte zu bieten.
Herr Kratz merkt an, dass die finanzielle Ausstattung der Kommunen
berücksichtigt werden sollte. Er fragt, ob es einen Zusammenhang zwischen dem
zur Verfügung stehenden Budget und der Wirksamkeit der Fallbearbeitung gebe.
Herr Müller erklärt, dass hierzu eine umfassende Wirkungsforschung unter
Erhebung und Auswertung von zahlreichen Daten aus unterschiedlichen
Perspektiven erforderlich wäre. Diese Aufgabe würde die Kinder- und Jugendhilfe
vor Ort überfordern.
Herr Eisenstein ergänzt, dass auf Hilfen zur Erziehung ein
Rechtsanspruch bestehe, unabhängig von der Frage des Budgets. Das Jugendamt
müsse leisten, sobald ein Bedarf vorliege.
Frau Schwarzmüller erkundigt sich, unter welchen Kriterien Tagesmütter
über das Jugendamt zugeteilt werden. Sie ist der Meinung, dass bei zu knappem
Angebot, diejenigen Erziehungsberechtigten eine Tagesmutter erhalten sollten,
die sie am dringendsten benötigen. Herr Eisenstein antwortet, dass eine
steuernde Einwirkung oder Auswahl nicht möglich ist, da ein gesetzlicher
Anspruch für alle Eltern vorliege. Je nach Einkommen wird jedoch eine
finanzielle Beteiligung gefordert. Die Vermittlung erfolge je nach Eingang und
Bedarf. Wichtiges Kriterium sei, wie die Tagesmütter und die Familien
zueinander passen. Durch entsprechende Werbemaßnahmen werde versucht, neue
Tagesmütter zu gewinnen und bereits gemeldete Tagesmütter zu halten.
Herr Hirsch dankt Herrn Müller für die interessante Präsentation und
verweist auf aktuelle Entwicklungen im
Jugendhilfebereich.
Er teilt mit, dass die Kommunen gesetzlicher Leistungsträger für das
neue Bildungs- und Teilhabepaket werden. Für die anfallenden Aufwendungen
werden die Kommunen im Bereich der Grundsicherung entlastet. Das Paket beinhaltet insbesondere Leistungen
für Mittagessen, Teilhabe z.B. an Musikunterricht oder Vereinsmitgliedschaft
sowie Schulsozialarbeit.
Neuerungen gibt es auch beim Bundeskinderschutzgesetz, in dem
einheitliche Standards festgelegt werden, sowie beim Amtsvormundschaftsgesetz.
Weiterhin informiert er über die Aktion „Jugendamt on Tour“, mit der
sich das Jugendamt auf neue Art präsentiere. Das Jugendamt bietet für
Interessierte Sprechstunden vor Ort an,
so z.B. am 19. März 2011 auf der Landauer Wirtschaftswoche.
Der Kindertag in Landau in der Pfalz findet dieses Jahr am 04. Juni
statt.