Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 16

 

 


Der Vorsitzende verwies auf die Informationsvorlage der Abteilung Stadtplanung und Stadtentwicklung vom 11.04.2022, die der Niederschrift beigefügt ist, und übergab Herrn Joa das Wort.

 

Herr Joa zeigte zu Beginn seines Vortrags eine Grafik über die Bevölkerungsentwicklung mit natürlichen Bevölkerungsbewegungen und sonstigen Wanderungsbewegungen in der Stadt Landau seit dem Jahr 2015. Auch die Entwicklung der Studierendenzahlen fand Berücksichtigung in Herrn Joas Betrachtung. Herr Joa erläuterte daraufhin die Wohnraumversorgung und stellte sie der Bevölkerungsentwicklung gegenüber. Die Zahl der fertiggestellten Wohneinheiten überschritt in den vergangenen Jahren demnach deutlich den 2014 prognostizierten Bedarf gemäß des Wohnraumversorgungskonzepts. Insbesondere die Baufertigstellung von Wohneinheiten in neugebauten Mehrfamilienhäusern sei höher als in den Wohnungsbauzielzahlen des Wohnraumversorgungskonzepts angenommen. Herr Joa erklärte anhand einer weiteren Grafik die Zunahme des Wohnungsbestands in Landau um 12 % seit dem Jahr 2011 und zog einen Vergleich zu den Städten Neustadt an der Weinstraße und Speyer, die jeweils eine Zunahme von 4 bis 5 % aufweisen konnten. Eine weitere Feststellung, die Herr Joa darstellte, war aktuell ein hoher Bauüberhang in Landau, d.h. bereits genehmigte aber noch nicht fertiggestellte Wohneinheiten.

Herr Joa ging als Nächstes auf die Baulandpotenziale der Stadt Landau ein, die sich aus Innenentwicklungs-, Arrondierungs- und Außenentwicklungsflächen zusammensetzen. Trotz der hohen Bauaktivität in Landau haben sich die Preise, z.B. für Neuvertragsmieten oder für den Kauf von Eigentumswohnungen, deutlich erhöht. Auch der Bodenrichtwert stieg seit dem Jahr 2018 in Landau um ca. 42 %. Dies führte zu der Erkenntnis, dass aufgrund der Besonderheiten des Wohnungsmarktes ein höheres Angebot von Wohnungen allein den Wohnungsmarkt nicht entspannt. Diese Beobachtungen müssen in die weitere Diskussion für eine behutsame Stadtentwicklung einfließen und in ein „Leitbild“ eingebunden werden. Wo liegen z.B. die Grenzen des Wachstums? Wie solle der Umgang mit Potenzialen aussehen? Inwieweit müssen weitere qualitative Maßstäbe den Wohnungsneubau begleiten?

Als Instrument, das bei den weiteren Betrachtungen angewandt werden könnte, nannte Herr Joa zunächst das Innenentwicklungskonzept, das zum einen eine Stadträumliche Analyse z.B. unter Berücksichtigung der baulichen und sozialen Dichte, klimatischen Aspekten, etc. und zum anderen Einzelinstrumente wie Rahmen- und Bebauungspläne sowie Vorkaufsrechte untersuche und berücksichtige. Auch der Beirat für Stadtgestaltung könnte zur Qualitätssicherung und Stärkung der Baukultur (an sensiblen Bauorten) beitragen. Die Zweckentfremdungssatzung wurde zwar als mögliches Instrument ebenfalls von Herrn Joa vorgestellt, wird allerdings für Landau nicht als geeignetes Instrument angesehen. Vielmehr ist ein fortlaufendes Monitoring und Controlling der Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt wichtig. 

 

Der Vorsitzende dankte Herrn Joa für dessen Präsentation und die Energie, die in das Projekt gesteckt wurde. Die Schaffung und Verfügung von Wohnraum werde eine wichtige Aufgabe auch für die neue Stadtspitze sein, für die künftige Ausrichtung der Wohnungsbaupolitik in Landau bedarf es genauer Daten, Kreativität und Weitblick. Bedauerlicherweise können diverse Faktoren von der Stadt nicht gesteuert werden. Als Beispiele nannte der Vorsitzende die weltpolitische Lage oder die zunehmenden Finanzströme ins „Betongold“. Landau befinde sich dennoch in einer komfortablen Situation und könne die Bedarfe unter anderem durch eine vorausschauende, aktive Bodenpolitik steuern.

Als nächste Schritte erwähnte der Vorsitzende die stadträumliche Analyse als Grundlage einer Innenentwicklungsstrategie, die mögliche Etablierung eines Gestaltungsbeirates und die zu führenden Diskussionen hinsichtlich des Umgangs der Stadt mit dem Thema „Leerstand“.

 

Ausschussmitglied Herrn Feig stimmten die von der Verwaltung aufgezeigten Zahlen nachdenklich, da bereits ca. 88 % der bis zum Jahr 2030 angestrebten Wohneinheiten geschaffen wurden. Dennoch sei eine Verschärfung des Wohnungsmarkts feststellbar. Sowohl die Mieten als auch die Erwerbskosten für Wohnungen seien hoch und eine Entschärfung aufgrund der Inflation, Anhebung der Leitzinsen und des Kriegs in der Ukraine unwahrscheinlich. Herr Feig forderte, ein Augenmerk auf qualitativen Wohnungsbau zu legen, den städtischen Wohnungsbau zu forcieren und eine Abwendung von der Wohnraumschaffung in Randlagen (Stichworte: Innen- vor Außenentwicklung) zu erlangen. Sonst könnte es zu einem „bösen Erwachen“ kommen.

 

Ausschussmitglied Herr Lerch hielt Herr Joas Ausarbeitung für gut und bezeichnete die Entwicklungen des Wohnungsmarktes als „zentrales politisches Thema“, das auch von der Landesregierung z.B. durch die Forcierung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus unterstützt werde. Die Stadt Landau habe sich nichts vorzuwerfen, da sie rechtzeitig die Weichen gestellt hätte. Dies spiegle sich auch in den von Herrn Joas gezeigten Zahlen und Fakten wider. Begrüßenswert seien die Entwicklungsperspektiven der Ortsteile, die moderate Baugebiete erhalten werden. Der öffentlich geförderte Mietwohnungsbau und im Zuge dessen die Umsetzung der Quotierungsrichtlinie habe sichtbar an „Fahrt aufgenommen“. Herr Lerch appellierte an eine verantwortungsvolle Politik, die auch über Grenzen schauen solle. Daher sei der Einbezug von Fachleuten von außerhalb, z.B. in Form eines Gestaltungsbeirats, sinnvoll. Schließlich gehe es um Qualität und nicht nur um Quantität sowie um die Frage, ob das momentane Tempo bis zum Jahr 2030 beibehalten werden soll.

Herr Lerch äußerte im Namen der CDU-Stadtratsfraktion, dass sie einen Bedarf an Wohnraum sehen. Insbesondere für Menschen, die aus Landau sind oder in der Stadt arbeiten und ggf. in der Nähe des Arbeitsplatzes wohnen wollen. Die Innenentwicklung sei begrenzt und das Einheimischenmodell in den Ortsteilen weiterhin wichtig. Die Zuzugsdynamik müsse gebremst werden. Doch wie könnte dies erfolgen oder gesteuert werden? Herr Lerch wolle verhindern, dass aus der „Schwarmstadt“ eine „Schwammstadt“ werde. Zwar möchte Herr Lerch kein Plädoyer für „Landau first“ halten, dennoch solle eine Steuerung und Priorisierung bei der Grundstücksvergabe der Neubaugebiete der Ortsteile im Sinne des Einheimischenmodells beibehalten werden.

Abschließend resümierte Herr Lerch, dass Landau bisher den richtigen Weg gegangen sei und es nun darum gehe, die momentane Dynamik abzubremsen und die Einwohnerzahl Landaus nicht unbedingt über 50.000 steigen zu lassen.

 

Ausschussmitglied Herr Maier bezeichnete Herr Joas Vortrag als interessant und übersichtlich. Man befinde sich im ständigen Lernprozess und die Informationsvorlage der Stadt weise in die richtige Richtung, getreu dem Motto „Klasse statt Masse“.

Für die Bündnis 90/Die Grünen-Stadtratsfraktion könnten Wohnhäuser nicht hoch genug sein, weshalb Herr Maier der Fraktion riet, die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Der von Herrn Joa angesprochene Gestaltungsbeirat, vgl. zudem TOP 2.3, sei eine gute Idee und auf die Anregung von Frau Rocker zurückzuführen. Herr Maier strebe für die Kommune auch weiterhin ein starkes Auftreten an und empfahl, die Steuerungsmöglichkeiten, wie die Sicherung von Belegungsrechten, Vorkaufsrechten und den eigenen Wohnungsbau, beizubehalten bzw. zu stärken.

Zu guter Letzt rief Herr Maier in Erinnerung, dass im Jahr 2019 durch einen Antrag der SPD-Stadtratsfraktion die Quotierungsrichtlinie für den sozialen Wohnungsbau von 25 % auf 33,3 % erhöht wurde. Die Befürchtung, dass durch eine hohe Quote weniger Wohnungsbau betrieben werden könnte, bestätigte sich nicht. Nun könne sich Herr Maier sogar vorstellen, eine Erhöhung der Quotierungsrichtlinie auf 40 % zu beantragen.

 

Ausschussmitglied Herr Freiermuth richtete ein „großes Lob“ an Herrn Joa. Es sei interessant zu sehen, was sich in Landau getan habe. Damals wurde die Studie vom Institut für Wohnungswirtschaft, Immobilienwirtschaft und Stadt- und Regionalentwicklung (InWIS) heftig diskutiert, erinnerte sich Herr Freiermuth. Dass ein Bedarf nach Wohnraum vorhanden sei, ist nun bewiesen. Hinzu kommt, dass die Wohnfläche pro Kopf früher bei 24 qm lag. Mittlerweile liege diese bei ca. 50 qm. Durch diesen „Flächenverbrauch“ werde auch ohne Zuzug der Wohnraumbedarf hoch bleiben.

Kriege und Konflikte beeinflussen zudem die Zahl der Zuzüge nach Landau – solle dann die „Tür zugemacht“ werden? Dies gehe schließlich auch nicht.

Mit der Schaffung eines Beirats für Stadtgestaltung, vgl. TOP 2.3, habe Herr Freiermuth kein Problem. Es sei nie ein Fehler, Meinungen von außerhalb einzuholen.

Mit der „Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“ habe Herr Freiermuth allerdings ein Problem, da diese seiner Auffassung nach, nicht „unbedingt von Vorteil“ sei.

Abschließend ging Herr Freiermuth auf die Preissteigerungsproblematik ein und war davon überzeugt, dass noch nicht das „Ende der Fahnenstange“ erreicht sei. Allerdings könne nicht alles „zugepflastert“ werden. Er blicke daher gespannt in die Zukunft.

 

Stellvertretendes Ausschussmitglied Frau Dr. Migl sprach der Verwaltung ihren Dank aus und hielt die Entwicklungen für beachtenswert. Sie fand gut, dass die Verwaltung auf die bestehenden Probleme aufmerksam gemacht habe und zugleich Lösungsansätze präsentierte. Der Erwerb von Einfamilienhäusern werde demnach nur reicheren Bevölkerungsschichten möglich sein. Denkbar wäre daher z.B. ein stärkerer Einbezug der Erbpacht, um ggf. Einfluss auf die Preisentwicklung nehmen zu können und somit den Wohnungsmarkt zu entlasten. Frau Dr. Migl stellte zudem die Stadterweiterung im Südwesten in Frage. Werde diese wirklich benötigt?

Herrn Joas Vortrag habe auch „Mankos“ aufgezeigt und es gebe nicht immer eine Entspannung durch mehr Angebot. Als Steuerungsmöglichkeit sah Frau Dr. Migl unter anderem das kommunale Vorkaufsrecht. Somit könne beispielsweise mehr Einfluss auf die Mietpreisentwicklung genommen werden. Bei dem städtischen Wohnungsbauprojekt in der Haardtstraße/Erlenbachstraße, das sich auch refinanzieren müsse, seien die veranschlagten Mietpreise trotz der öffentlichen Förderung hoch und es werde ihr „schwummerig“ bei den Preisen.

Zum Schluss resümierte Frau Dr. Migl, dass die vorgelegte Zwischenbilanz gut sei und noch viel „Gehirnschmalz“ nötig werde, um die anstehenden Aufgaben bewältigen zu können.

 

Ausschussmitglied Herr Triebel bezeichnete die Zwischenbilanz als aufschlussreich. Dennoch tue er sich schwer mit der Annahme, dass die hohe Bauaktivität nichts gebracht haben solle. Zwar wurde der Preisanstieg durch das Zusatzangebot von Wohnraum nicht gesenkt, aber sehr wahrscheinlich verlangsamt. Durch hochwertiges Bauen solle nach wie vor die Qualität gesichert und sich auf das konzentriert werden, was benötigt wird.

Gut fand Herr Triebel, dass bei der Grundstücksvergabe durch die Stadt auf die Quotierungsrichtlinie für den sozialen Wohnungsbau geachtet werde.

Zu Herrn Freiermuths angesprochener Feststellung hinsichtlich des Flächenbedarfs pro Kopf merkte Herr Triebel an, dass Homeoffice-Möglichkeiten mitunter ein Grund für den gestiegenen Flächenbedarf sein können.

Zu guter Letzt fragte Herr Triebel die Verwaltung, wie die Zusammensetzung der Haushalte aussehe. Gebe es entsprechende Statistiken?

 

Der Vorsitzende sagte Herrn Triebel zu, dass ihm eine Auswertung der Haushalte nachgereicht werde.

 

Ausschussmitglied Herr Schmidt dankte dem Vortragenden für die Veranschaulichung der hohen Bautätigkeit in Landau, was leider nicht zur nötigen Entspannung des Wohnungsmarktes führte. Es dürfe nicht vergessen werden, dass bis zum Ende des Jahres 2025 etwa 187 öffentlich geförderte Mietwohneinheiten aus der Mietpreis- und Belegungsbindung fallen werden und durch die Anwendung der Quotierungsrichtlinie für den sozialen Wohnungsbau kompensiert werden müssen. Herr Schmidt begrüßte daher auch das Vorgehen der städteräumlichen Analyse. Es müsse deutlich werden, für wen gebaut werden soll. Ein Gestaltungsbeirat könne hier einen Beitrag leisten.

Herr Schmidt äußerte sich zur Wohnraumschutzsatzung. Er erachte sie für notwendig. Dennoch seien seiner Meinung nach der Nutzen und die resultierenden Effekte zu gering. Auch die Datengrundlage müsste vollumfänglicher sein.

Abschließend merkte Herr Schmidt an, dass er ein fortlaufendes Monitoring durch die Verwaltung begrüßen würde.

 


Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen nahm die Informationsvorlage zur Kenntnis und wird in der Sitzung am 24.05.2022 an die Diskussionen nach der Behandlung in den Ortsbeiräten anknüpfen.