Beschluss: zur Kenntnis genommen

Der Vorsitzende erläuterte dem Ortsbeirat, den beiden Fachvertrtern des Stadtbauamtes und den rund 20 anwesenden Einwohnerinnen und Einwohnern zur Einführung in die Thematik deren historische Entwicklung.

Die CDU-Stadtratsfraktion habe im November 2009 den Antrag gestellt, für die Ortsteile Dorfentwicklungspläne zu erstellen. Nußdorf hätte in diesem Punkt bereits eine Vorreiterrolle innegehabt, da 2002 unter der Betreuung von Fakultätsleiter Prof. Dr. Hans Dennhardt und dessen Assistenten Dipl.-Ing. Karl Ziegler sechs Studierende der Universität Kaiserslautern als Diplomarbeit einen Dorfentwicklungsplan „Vision 2020“ für Nußdorf unentgeltlich erarbeiteten und alle Pläne und Analysen hierzu dem Stadtteil bzw. der Stadt zur Verfügung stellten. Dem o. g. Antrag der CDU-Stadtratsfraktion stimmte der Stadtrat jedoch nicht zu und beschloss, für die Stadtteile alternativ Baulücken- und Leerstandskataster zu erstellen sowie Sanierungsgebiete auszuweisen. Aufgrund der bereits vorliegenden Daten der Diplomanden und eines aktuellen Falles, dem „Träberhaus“ am Dorfplatz, für welches einen Kauf- und Investorinteressenten für Ferienwohnungen gäbe, aber leider nicht unter Denkmalschutz gestellt worden sei, sei Nußdorf in Sachen Sanierungsgebiet vom Stadtrat als Pilotprojekt auserkoren worden.

Heute gehe es um die vorbereitenden Untersuchungen zum Sanierungsgebiet. Spätestens seit 1996 sei das erklärte Ziel im Bundesbaulandbericht, mit Grund und Boden sparsam und schonend umzugehen. Die Innenentwicklung stehe vor der Außenentwicklung. Es solle erreicht werden, dass die Ortsteile im Kernbereich nicht ausdünnen. Es seien daher vom Stadtrat als letzte Projekte nur noch die Baugebiete in Mörzheim und Nußdorf genehmigt worden. Danach habe man einen Schnitt gemacht, denn nun sei auch konvertierend das ehemalige Kasernengelände „Estienne Foch“ zu belegen. Deshalb sollten für die Stadtteile Sanierungsgebiete ausgewiesen werden.

 

Frau Schaperdoth und Herr Seitz, Abt. Stadtplanung und Stadtentwicklung, schlossen sich den Ausführungen des Vorsitzenden an und gaben den Anwesenden weitere Erläuterungen und Informationen.

Ein Sanierungsgebiet sei ein Instrument des Gesetzgebers. Er habe im Baugesetzbuch zu dessen Ausweisung feste Regeln aufgestellt, da der Staat hierbei auf Steuermittel verzichten müsse. Nach Abschluss des 1.Teils der Vorbereitenden Untersuchungen seien auf der Basis der Grobanalyse und mit Hilfe der zusammengetragenen Daten Bestandsanalysepläne (Gebäudezustand, Wertigkeit Stadtbildpflege, Missstände, Geschoßigkeit, Baualter) und ein Vorentwurf des Berichts der Vorbereitenden Untersuchungen erstellt worden.

Dieser nenne bereits erste Potentiale und Missstände und zeige die für die Sanierung eines landwirtschaftlich geprägten Dorfkerns noch fehlenden Daten der Bestandsaufnahme auf. Anhand des Vorentwurfs würde ein Fragenkatalog erstellt, der in der laufenden Feinuntersuchung abgefragt würde. Damit solle primär das Folgende festgestellt werden:

·         Parzellenscharfe Abgrenzung des Sanierungsgebiets für die Ausweisung

·         Erfassung möglicher durch Rückbau der Wirtschaftsgebäude entstehende Baulücken und Leerstände

·         Technische Ausstattung der Gebäude (z. B. Art und Alter von Heizungsanlagen, Bädern und Fenstern)

·         Erfassung einer Einwohner/m²-Wohnflächenzahl

·         Verbesserung der dörflichen Infrastruktur

·         Angestrebte Verbesserung der Wohn- und Arbeitsbedingungen.

Eine Beteiligung der Einwohner und Besitzer sei hierbei notwendig und sinnvoll. Der Fragenkatalog sei bereits vor Ort auf seine Durchführbarkeit getestet worden. Als Denkmalpfleger bestehe zwar für Herrn Seitz die rechtliche Möglichkeit, die Anwesen/Wohnungen zu betreten, jedoch wolle man bei Widerständen darauf verzichten. Zusätzlich erfolge verwaltungstechnisch die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange.

Eine Förderung über den Weg steuerlicher Vorteile bedeute, dass die im Rahmen einer Sanierung bezahlte Mehrwertsteuer über einen Zeitraum von 10 Jahren geltend gemacht werden könne. Die Erlangung direkter Fördermittel sei derzeit nicht möglich.

Auf die Frage nach möglichen Kostenumlagen, wurde geantwortet, dass dies nicht vorgesehen sei. Dies solle auch in den Satzungstext aufgenommen werden. Es gehe hier nicht um die Sanierung (z. B. Pflasterung) von Straßen oder den Bau einer neuen Kindertagesstätte. Ziel seien Anreize zur Schaffung von Wohnraum, um einen Wegzug zu vermeiden. Hierzu merkte Herr Seitz an, dass aus seiner Sicht Nußdorf das schönste Stadtdorf sei.

 

Frau Heike Hochdörffer fragte, nach welchen Kriterien das Gebiet festgelegt würde. Das Untersuchungsgebiet sei aufgrund einer Begehung und im Gespräch mit dem Ortsbeirat festgelegt worden. Das Gebiet würde i. d. R. jedoch noch eingeschränkt. Das künftige Sanierungsgebiet würde kleiner sein. Es könne parzellenscharf abgegrenzt werden. Es soll jedoch nicht zu „durchlöchert“ werden, antwortete Herr Seitz. Die Abgrenzung erfolge nach bestimmten gesetzlichen Kriterien, nicht willkürlich, ergänzte Frau Schaperdoth

 

Herr Spellmeyer und das Ehepaar Weichsel brachten durch ihr gereiztes Benehmen und Auftreten sowie ihre verbalen Angriffe auf die städtische und Ortsverwaltung eine unnötige und durch nichts gerechtfertigte Schärfe in die Diskussion. Sie spekulierten u. a., dass das Sanierungsgebiet nur mit dem Hintergrund geschaffen werden solle, dem Interessenten für das Träberhaus Herrn Holch steuerliche Vorteile zu verschaffen. Dem widersprach der Vorsitzende, denn das Anwesen sei immer noch im Eigentum der Interessengemeinschaft Nußdorfer Vereine, und ob es zu einem Verkauf, dem Einsatz eines Investors oder letztlich doch zu einem Abriss käme, stehe noch in den Sternen.

Auf den Spellmeyer-Einwand, dass die Stadt das Anwesen schon vor 20 Jahren hätte kaufen wollen, antwortete 1. stv. Ortsvorsteher Diemert, dass damals Herr Träber nicht verkaufsbereit gewesen sei.

Die Spellmeyer- und Weichsel-Frage nach den im Hinblick auf die künftige Nutzung des Träberhauses durch Ferienwohnungen bereit zu stellenden Stellplätze beantwortete der Vorsitzende, dass nach neuester Rechtssprechung für die Schaffung innerörtlichen Wohnraums keine Parkplätze mehr nachzuweisen seien.

 

Herr Spellmeyer bestand auf der Herausnahme seiner „Parzelle“ aus dem künftigen Sanierungsgebiet, weil er damit verbundene weitere finanzielle Auflagen befürchte. Er sei bezüglich seiner finanziellen Beiträge zur Oberflächenentwässerung ohne eigene direkte Beteiligung an der Baumaßnahme ein gebranntes Kind. Auch Frau Weichsel bestand auf einer schriftlichen Bestätigung, durch welche sie von finanziellen Auflagen befreit sei.

 

Während der weiteren, hitzigen, teils auch mit unqualifizierten Äußerungen einzelner Einwohner bezüglich der Höhe ihrer Rente und möglicher finanzieller Belastungen durchsetzten Diskussion wurden auch starke Bedenken zur Kaufpreisprüfung und zum Vorkaufrecht der Stadt vorgetragen. Anwesen könnten nur noch zu dem vom Gutachterausschuss ermittelten Wert veräußert werden. Sogar von Teilenteignung war die Rede.

Hierzu antworteten die städtischen Fachvertreter, es sei richtig, dass die Stadt ein vom Gesetzgeber vorgeschriebenes Widerspruchsrecht besitze. Dies diene ausschließlich dem Ziel, den Einkauf von Immobilienhaien zu verhindern. Der Staat verzichte nicht freiwillig auf Steuern. Im Rahmen der Kaufpreisprüfung werde nur bei auffallend abweichenden Kaufpreisen eingeschritten.

Die Frage, ob die Stadt auch bei der Nutzungsänderung eines Anwesens ein Mitspracherecht habe, wurde damit beantwortet, dass Nutzungsänderungen generell dem Stadtbauamt anzuzeigen seien.

In den Wortmeldungen der Einwohner war durchgängig eine Meinung vorherrschend, dass sie durch die Ausweisung eines Sanierungsgebietes in ihren Rechten beschnitten würden.

Auch wurde die Frage gestellt, ob das städtische Mitspracherecht ebenso bei einer Schenkung an Kinder bestünde. Dem widersprach Herr Seitz. Der Gesetzgeber verzichte in einem Sanierungsgebiet immer auf Steuern und wolle mit seinen Vorgaben ausschließen, dass durch „falsche Geschäfte“ noch weitere Steuerersparnisse erzielt würden.

 

Der Vorsitzende bekräftigte aufgrund weiterer Einwendungen erneut, dass keine Ordnungs- oder infrastrukturelle Maßnahmen wie z. B. Schaffung von Parkraum, Sanierung von Straßen oder der Bau eines Kindergartens vorgesehen seien. Dies werde auch rechtsverbindlich in der Satzung enthalten sein, ergänzte Herr Seitz. Die Vollsanierung von Straßen erfolge zudem neuerdings über die Wiederkehrenden Beiträge, bekräftigte Stadtratsmitglied Pfaffmann. Dies sei in Sanierungsgebieten nicht der Fall, widersprach Herr Spellmeyer. Es sei nur der Fall, wenn in der Sanierungssatzung entsprechende Straßenbaumaßnahmen enthalten wären, entgegnete Herr Seitz.

 

Herr Spellmeyer wolle nicht Teilnehmer des Sanierungsgebietes sein. Er brauche heute keine steuerlichen Vergünstigungen und erwäge, gegen die Sanierungssatzung ein Normenkontrollverfahren anzustrengen.

 

Im Kohlwoog seien die Häuser ca. 30 Jahre alt. Nur das Träberhaus sei sanierungsbedürftig.

Den Fragebogen, so Frau Weichsel, werde sie nicht vor Ort beantworten. Dieser solle eingeworfen werden. Sie werde keine Verwaltungspersonen zur Befragung in oder auf ihr Anwesen lassen.

Herr Seitz bekräftigte hierzu erneut, dass er darauf verzichten könne. Es bestünde keine dringende Notwendigkeit, das Anwesen Weichsel von innen zu sehen. Es könne auch von Außen begutachtet werden.

 

Auf die Frage, ob die bestehende Gestaltungssatzung im Zusammenhang mit dem Sanierungsgebiet überarbeitet werde, stellte Herr Seitz klar, dass es sich hierbei um zwei voneinander völlig unabhängige Materien handle.

 

Auch die Frage nach dem Verbleib der in § 136 Absatz 4 BauGB angesprochenen privaten Belange wurde gestellt. Diese würden zweifellos berücksichtigt, so Herr Seitz.

 

Ortsbeiratsmitglied Löffel fand es schade, wenn für den Nußdorfer Ortskern kein Sanierungsgebiet gebildet würde. Es gäbe im Ortskern genug Gebäude, denen dieses Projekt gut täte – und nicht nur dort, sondern dem gesamten Dorf. Für die Durchführung von Einzelmaßnahmen gäbe es keine zeitliche Begrenzung. Er schlug vor, die Sachlage noch weiter zu eruieren und nicht aus der Sitzung mit schlechter Grundstimmung zu gehen.

 

Herr Cambeis begrüßte ebenfalls das Sanierungsgebiet. Die bei den Betroffenen zu ihren Eigentumsrechten noch latent vorhandenen Unsicherheiten bat er aufzuklären.

 

Auf Anfrage informierte Herr Seitz auch noch, dass der Investitionssumme nach oben keine Grenze gesetzt sei. Soweit gewünscht sei, dass ein außerhalb des Gebietes liegendes Anwesen in das Sanierungsgebiet mit einbezogen werden sollte, könnten sich die Betroffenen zwecks Prüfung mit ihm in Verbindung setzen.

 

Ortsbeiratsmitglied Dr. Sögding betonte, dass niemand im Sanierungsgebiet zu Sanierungen gezwungen sei. Dies sei jedem selbst überlassen. Da auch keine infrastrukturellen Maßnahmen erfolgten, kämen auch keine finanziellen Auflagen zum Tragen.

 

Der Gesetzgeber wolle nur Grundstücksspekulationen vorbeugen, ergänzte der Vorsitzende. Eine Kaufpreisprüfung bräuchte der Stadtrat, wenn keine Spekulationen zu erwarten seien, auch nicht in die Satzung aufzunehmen. Was die angesprochenen, noch offenen Fragen hierzu und zu den Eigentumsrechten der Sanierungsbeteiligten angehe, werde er sie von der Bau- und Rechtsverwaltung abklären und schriftlich beantworten lassen und über das Nußdorfer Nachrichtenblatt veröffentlichen.

 

Frau Weichsel erkundigte sich letztlich, wie die Bürger die weiteren Informationen erhielten. Es werde eventuell bei der Befragung oder schriftlich informiert. Möglicherweise werde es für die Betroffenen auch einen Informationstermin geben, so Herr Seitz. Eine Einwohnerin bemängelte hierzu, dass der heutige Termin den Betroffenen sehr kurzfristig mitgeteilt worden sei. Viele Betroffene befänden sich in Urlaub.