Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 7, Nein: 0, Enthaltungen: 8

Beschlussvorschlag:

Einer städtebaulichen Neuordnung des östlichen Ortsrandes von Nußdorf im Bereich südlich der Geißelgasse und östlich der Lindenbergstraße (L 512) mit Hilfe von bauleitplanerischen Instrumenten auf Basis des Baugesetzbuches (BauGB) wird nicht veranlasst.

 

 


Der Vorsitzende führte in das Thema der Sitzungsvorlage der Abteilung Stadtplanung und Stadtentwicklung vom 29.09.2016 ein, welche der Niederschrift als Anlage beigefügt ist und erteilt Herrn Kamplade für weitere Erläuterungen das Wort.

 

Herr Kamplade führt aus, es gehe um einen Prüfauftrag, am östlichen Ortsrand von Nußdorf eine Bebauung zu gestalten die aufgelockert sein soll. Genauer geht es um die Errichtung eines Mehrfamilienhauses. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurde der Ortsbeirat Nußdorf informiert, da es sich im vorliegenden Fall um ein prägendes Gebäude aufgrund seiner Größe und Gestaltung handelt. Auf Nachfrage des Ortsbeirates ob es Möglichkeiten gibt eine solche Bebauung zu steuern wurden die planungsrechtlichen Instrumente erläutert. Es gibt die grundsätzliche Möglichkeit zu planen und damit auch zu steuern aufgrund der Planungshoheit der Gemeinde.

Der Ortsbeirat hat diese Prüfbitte an die Verwaltung gestellt, dabei geht es um zwei wesentliche Aspekte die zu prüfen waren. Zum einen gehe es um die Frage des Planungserfordernisses im Hinblick auf die Erschließungssituation, da das Grundstück in 2. Reihe liegt. Die maßgebliche Einschätzung der Straßenverkehrsbehörde der Stadt hat zum Ergebnis, dass die Erschließung gesichert ist. Der zweite Aspekt ist politischer Natur, unterschiedliche Zielsetzungen müssen gewichtet werden. Dabei handelt es sich um die Anforderung an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse im Dorf gegenüber dem stadtweiten Ziel, möglichst viel Wohnraum in der Stadt zu schaffen.

Der Bauausschuss hat unter diesen Rahmenbedingungen eine Entscheidung zu treffen, ob ein Planungserfordernis besteht. Wenn dies so entschieden werde, sind Entschädigungsansprüche nicht auszuschließen. Herr Kamplade merkt an, dass vor ca. zwei Jahren ein ähnlicher Fall an gleicher Stelle vom Ortsbeirat und dem Bauausschuss nicht kritisch gesehen wurde. Der Antragsteller habe jedoch seinen Antrag zurückgezogen.

Herr Kamplade führt weiter aus, dass der Antrag des Bauherrn vor rd. drei Monaten bei der Verwaltung eingegangen ist. Da der Bauherr ein Recht auf eine zügige Entscheidung habe, wurde die Sitzungsvorlage sehr kurzfristig in das Gremium eingebracht.

 

Herr Eichhorn führt aus, dass es ihm primär um den Antrag des Ortsbeirates gehe. Es ist klar, dass an dieser Stelle kein Bebauungsplan aufgestellt werden kann. Deshalb muss das Vorhaben nach § 34 BauGB beurteilt werden. Diese Tatsache führt dazu, dass an dieser Stelle nicht das verhindert werden kann was verhindert werden sollte. Zunächst gehe es um die verkehrliche Erschließung, zu der der Ortsbeirat eine andere Meinung vertrete als die Straßenverkehrsbehörde. Die geplante Gemeinschaftszufahrt liege im Scheitelpunkt einer viel befahrenen Kurve (Geißelgasse/Lindenbergstraße). Dicht daneben befindet sich eine Bushaltestelle, was eine große Anzahl von Fußgängern bedeute. Aus diesen Gründen wird dies nicht als ideal angesehen. Des Weiteren ist im Bauvorbescheid geregelt, im hinteren Bereich auch eine Notausfahrt herzustellen. Der Ortsbeirat sieht die Gefahr, dass die Notausfahrt regelmäßig genutzt würde. Der Ortsbeirat sieht die Gefahr, dass diese Ausfahrt über einen Wirtschaftsweg zur Gewohnheit wird. Diese Tatsache würde zu Unmut bei den Landwirten und Winzern führen, die für die Unterhaltung der Wirtschaftswege Gelder bereitstellen. Ein weiterer Aspekt ist, dass von dem benachbarten Winzer Lärmemissionen ausgehen, durch den Betrieb selbst, Weinfeste, Familienfeiern usw. Von weiter entfernten Nachbarn gibt es bereits Klagen hierzu. Deshalb muss davon ausgegangen werden, dass auch die Bewohner des geplanten Vorhabens sich beschweren werden.

Herr Eichhorn äußert sein Unverständnis, dass die Verwaltung dem Bauvorhaben zustimmen würde, obwohl der Baukörper prägend und für das Ortsbild untypisch ist. Auch wenn durch den § 34 BauGB nicht die Anzahl der Wohneinheiten geregelt werden kann, so kann doch die Art und das Maß der baulichen Nutzung geregelt werden. Er fordert, dass mit dem Investor verhandelt werde, die Anzahl der Wohneinheiten auf drei zu reduzieren.

Abschließend informiert Herr Eichhorn, dass es Überlegungen der umliegenden Nachbarn gebe das Grundstück zu erwerben um den Nachbarschaftsfrieden zu erhalten. Leider hat der jetzige Eigentümer überzogene Preise genannt.

Gestern fand ein Gespräch mit dem Ortsvorsteher, seiner Stellvertreterin und dem Investor und Bauherr statt. In dem Gespräch wurde klar, dass der Bauherr keine Reduzierung der Wohneinheiten anstrebe. Er gibt zu bedenken, dass der benachbarte Weinbaubetrieb eine weitere Lagerhalle mit einer Höhe von rd. 6 m unmittelbar an die Grundstücksgrenze zu dem geplanten Vorhaben errichten möchte. Aus diesem Grund hat der Vorbesitzer damals die Bebauung nicht weiter betrieben und das Grundstück veräußert.

 

Herr Kamplade stellt klar, dass die Verwaltung einige Umstände wie die Auswahl an Mietern oder auch die Absicht der umliegenden Nachbarn das Grundstück zu erwerben zur Kenntnis nimmt. Dazu kann die Baubehörde keine Stellung beziehen, lediglich moderierend tätig werden. Die Baubehörde hat bereits Gespräche geführt. Da die Stadt aber kein Grundstückseigentümer ist, muss akzeptiert werden was der Investor möchte. Ihm ist ein Bauvorbescheid zu erteilen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Mischgebiet. Jeder dort Ansässige hat den Lärm gem. den Richtlinien der TA Lärm der umliegenden Betriebe zu ertragen und umgekehrt unterliegt auch jeder dort ansässige Betrieb diesen Richtlinien. Diesen Konflikt kann auch ein Bauleitverfahren nicht lösen.

Zur verkehrlichen Erschließung merkt er an, dass die Baubehörde die Stellungnahme der Straßenverkehrsbehörde einfordert und dieser folgt.

 

Herr Lerch fragt nach, ob im Baugenehmigungsverfahren die Möglichkeit bestehe, Einfluss auf die Anzahl der Wohneinheiten und die Gestaltung des Baukörpers zu nehmen.

 

Herr Kamplade führt aus, man befinde sich momentan auf der Ebene der Bauvoranfrage wo noch einige Fragen zu klären sein werden. Im Bauvorbescheid wird demnach positiv entschieden, dass ein Gebäude mit 5 Wohneinheiten an dieser Stelle errichtet werden kann. Im Baugenehmigungsverfahren wird dann die Größe und die Gestaltung des Baukörpers geklärt werden. Hieraus kann sich durch die Art und das Maß der baulichen Nutzung eine Reduzierung der Wohnflächen ergeben. Versprechen kann man dies jedoch nicht.

Herr Kamplade äußert seine Bereitschaft zu weiteren Gesprächen mit dem Investor, die jedoch nur auf freiwilliger Basis stattfinden und nicht einen baurechtlichen Hintergrund haben können.

Abschließend merkt er nochmals an, dass der § 34 BauGB an dieser Stelle durchaus ein solches Bauvorhaben zulässt. Es gibt eine Grenze was die Grundflächenzahl angeht, Nachbargrundstücke sind aber zum Teil zu 80 % überbaut. Die Umgebung lasse eine solche Bebauung aufgrund der Dichte zu.

 

Frau Heß führt aus, dass ihrer Meinung nach dort 5 Wohneinheiten aufgrund der Größe des Grundstückes entstehen können. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei einer Reduzierung der Wohneinheiten auch automatisch von weniger Fahrzeugen die ein- und ausfahren ausgegangen werden kann.

 

Herr Freiermuth merkt an, dass es in dem vorliegenden Fall kein Richtig und kein Falsch gebe. Er könne beide Seiten verstehen, und fragte nach ob nicht die Möglichkeit besteht sich in der Mitte, sprich vier Wohneinheiten, zu treffen.

 

Der Vorsitzende führt aus, dass dies nicht Gegenstand der heutigen Abstimmung ist. Der Ortsbeirat hat sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Gleiches bescheinigt er auch der Verwaltung, die ihre Entscheidung schlüssig dargelegt hat.

 

Frau Vogler führt aus, dass auf der einen Seite der Ortsbeirat sich intensiv mit dem Vorhaben befasst hat und auch zu einem nachvollziehbaren Ergebnis gekommen ist. Auf der anderen Seite besteht dringender Bedarf an neuem Wohnraum. Deshalb sei es auch für sie eine schwierige Entscheidung auf welche Seite das größere Gewicht zu legen wäre.

 

Der Vorsitzende erteilt danach Herrn Sögding, Ortsvorsteher Nußdorf, ausnahmsweise das Wort.

Herr Sögding informiert nochmals über die intensive Auseinandersetzung mit dem Vorhaben. Es besteht der Wunsch des Ortsbeirates, dass sich der Ort weiterentwickelt. Eine Wohneinheit, wie es ursprünglich gedacht war, wär der Wunsch des Ortsbeirates. Dem gegenüber steht der Wunsch des Investors nach fünf Wohneinheiten. Der Ortsbeirat hat auf dieser Basis den Kompromiss von drei Wohneinheiten vorgeschlagen und auch so abgestimmt.

Des Weiteren merkt er nochmals die schwierige verkehrliche Situation an, da sie vor Ort besser bekannt ist.

Hieraus resultiert der Kompromiss auf drei Wohneinheiten zu reduzieren. Als zweiten Grund führt Herr Sögding nochmals die Gestaltung und Größe des Gebäudes an. Aus Sicht des Ortsbeirates ist an dieser Stelle ein Gebäude mit Flachdach und vielen Glasflächen unpassend.

Dies sind die Gründe weshalb der Ortsbeirat festgelegt hat, dass die Überplanung des östlichen Ortsrandes erste Priorität haben muss, des Weiteren auch zu überlegen sei den gesamten Ort neu zu überplanen, damit solche „Fremdkörpersituationen“ vermieden werden und der dörfliche Charakter erhalten bleibt.

Er wäre erfreut, wenn die dargelegte Motivation Gehör im Bauausschuss und im Bauamt finden würde.

 

Herr Heuberger merkt an, dass die Ausgestaltung des Daches nochmals überdacht werden sollte. Eine Änderung der Dachform in bspw. ein Walmdach könnte u. U. eine Reduzierung der Wohneinheiten zur Folge haben. So könnte auch der Ansicht des Ortsbeirates Rechnung getragen werden.

Herr Kamplade erläutert, der baurechtliche Einfügungsbegriff ist ein anderer als der visuelle Einfügungsbegriff. Einfügen im baurechtlichen Sinne betrachtet weder die Dachform, die Architektur oder das Baumaterial. Dies ist gesetzlich geregelt. Es geht hier ausschließlich um die Höhe und die Stellung von Gebäuden sowie um die Ausnutzung des Grundstücks.

Der visuelle Aspekt ist nur durch Bebauungsplan oder Gestaltungssatzung regelbar. Wie eingangs der Diskussion bereits erwähnt, hat die Gemeinde durch ihre Planungshoheit die Möglichkeit entsprechend Einfluss zu nehmen. Der Stadtrat hat jederzeit das Recht hiervon Gebrauch zu machen, wenn es für erforderlich gehalten wird die Bebauung zu steuern und zu regeln.

 

Nachdem es keine weiteren Wortmeldungen aus dem Plenum gibt, bittet der Vorsitzende um Abstimmung zu der Vorlage.

 


Der Bauausschuss beschließt bei acht Enthaltungen einstimmig nachgenannten Beschlussvorschlag.