Sitzung: 28.11.2017 Bauausschuss
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 15, Befangen: 1
Vorlage: 610/471/2017
1. Die konzeptionellen Bausteine zur
Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes vom Oktober 2017 (Anlage) werden als
Grundlage für das Einzelhandelskonzept beschlossen und dienen als
Orientierungsrahmen für die räumliche Steuerung des Einzelhandels und zur
Sicherung zentraler Versorgungsstrukturen in Landau.
2. Die Verwaltung wird beauftragt, einen Entwurf
zum Einzelhandelskonzept öffentlich vorzustellen und die Öffentlichkeit sowie
Behörden und Verbände in Anlehnung an die Beteiligungsschritte in der Bauleitplanung
zu beteiligen.
Der Vorsitzende rief die Sitzungsvorlage der Abteilung
Stadtplanung und Stadtentwicklung vom 09.11.2017 auf, auf welche verwiesen
wird, und bat Ratsmitglied Frau Höhlinger aufgrund ihrer Befangenheit
nach § 22 Gemeindeordnung (GemO) sich für die Behandlung des
Tagesordnungspunktes ins Publikum zu begeben.
Nach sieben Jahren, d.h. seit der Neuerstellung des
Einzelhandelskonzeptes im Jahr 2010, hätte sich viel getan, so der Vorsitzende.
Der zunehmende Online-Handel und die Ansiedlung des Modeparks Röther im
nahegelegenen Rohrbach ließen hellhörig werden. Umso wichtiger sei es, Landau
als Einzelhandelsstandort attraktiv zu machen. Speziell für die Fortschreibung
des Einzelhandelskonzeptes abgehaltene Workshops waren sehr erfolgreich.
Hierbei legte der Vorsitzende Wert darauf, von einer Fortschreibung und nicht
von einer Neuschreibung zu sprechen. Die Fortschreibung würde moderate
Veränderungen mit sich ziehen. In diesem Zusammenhang bedauerte der
Vorsitzende, dass Frau Kopischke vom Planungsbüro Junker+Kruse aus Dortmund
kurzfristig erkrankte und nicht die Ergebnisse anhand ihrer Präsentation
vorstellen könne. Herr Kamplade würde daher die wesentlichen Aussagen des
Einzelhandelskonzeptes 2017 erörtern. Zu guter Letzt verwies der Vorsitzende
noch auf ein Bürgerforum am 01.02.2018 im Alten Kaufhaus, wo der Entwurf des
Einzelhandelskonzepts vorgestellt werden soll.
Herr Kamplade nannte zunächst zwei Hauptgründe,
weshalb ein Einzelhandelskonzept wichtig sei: Zum einen übernimmt das
Einzelhandelskonzept Steuerungsfunktionen in der Bauleitplanung. Zum anderen
ist es ein programmatischer Entwurf zur zukünftigen Handelsentwicklung in
Landau und zur Bedeutung des Einzelhandels für die Stadtentwicklung.
Anhand einer Präsentation zeigte Herr Kamplade die
Kerndaten der Bestandsanalyse, welche die räumliche Nahversorgung, den
Innenstadtbereich, die drei Sonderstandorte des Handels und die Sortimentsliste
untersuchte. In Landau, das als Mittelzentrum für die überörtliche Versorgung
fungiere, gebe es eine gesunde Handelsstruktur. Herr Kamplade zeigte hierzu
interessante Zahlenvergleiche zu Städten wie Speyer und Neustadt in Bezug auf
Verkaufsfläche, Kaufkraft und Umsatz.
In den Stadtdörfern gebe es mit Ausnahme von
Godramstein kaum eine Nahversorgung in Form von Lebensmittelmärkten. Auch in
Landau-Südwest (Wollmesheimer Höhe) und im östlichen Horstgebiet bestehe
momentan räumlich gesehen eine Versorgungslücke. Es werde daher eine behutsame
Erweiterung für den täglichen Bedarf angestrebt. Hierbei gelte es, auch
zukünftig keine Ansiedelung von Discountern in den Randgebieten zu gestatten,
was bisher gelang und letztlich auch der Verdienst des Stadtrates und dessen
Ansiedlungspolitik gewesen sei.
Zur Standortstruktur berichtete Herr Kamplade, eine
„Stadt der kurzen Wege“ gestalten und fortentwickeln zu wollen, um möglichst
zusätzlichen Verkehr für tägliche Erledigungen einzudämmen. In diesem
Zusammenhang würde auch das Integrierte Mobilitätskonzept greifen.
Der zentrale Versorgungsbereich, also die Innenstadt,
spiele in der Bauleitplanung eine sehr wichtige Rolle – gerade im Hinblick auf
die Ansiedlung von Geschäften mit zentrenrelevantem Sortiment. Als bestes
Beispiel nannte Herr Kamplade hier den Textilbereich. Bekleidungsartikel sollen
weiterhin als klassisches Sortiment für den „Einkaufsbummel“ nur in der
Innenstadt angeboten und verkauft werden. Für die Ansiedlung der Modekette
H&M z.B. wurde damals ein Bebauungsplan aufgestellt, da die Verkaufsfläche
mit 2.000 qm deutlich höher als die genehmigungsfreien 800 qm sei. Es hätte
sich nun gezeigt, dass diese Entscheidung die Innenstadt stärkte und somit
konform mit dem Einzelhandelskonzept sei. Eine Ansiedlung an anderer Stelle,
z.B. am Marienring oder „auf der grünen Wisse“, wäre nicht mit dem
Einzelhandelskonzept konform gewesen und hätte eine Schwächung der Innenstadt
als zentralen Versorgungsbereich bedeutet. Herr Kamplade ging außerdem auf die
Anpassung des zentralen Versorgungsbereichs ein und erinnerte an die
„Laufwege“, die hier eine wichtige Rolle spielen.
Eine große Besonderheit in Landau sei auch der Bereich
Boulevard Ostbahnstraße und Hauptbahnhof, dem ebenfalls eine zentrale
Einzelhandelsfunktion zugesprochen werde. Somit sei die Innenstadt nicht
klassisch kreisrund um den Marktplatz angeordnet. Der Handel müsste auch rund
um den Hauptbahnhof Richtung Boulevard Ostbahnstraße prägende Nutzung bleiben.
Herr Kamplade ging anschließend auf die drei
Sonderstandorte im Stadtgebiet ein, die über Jahrzehnte historisch wuchsen und
eine wichtige Versorgungsfunktion innehätten. Diese Standorte würden auch
weiterhin dazu neigen, größer zu werden und zentrenrelevante Sortimente
anzubieten. Hier müsse man sich deshalb die Fragen stellen, wie viel zentrenrelevantes
Sortiment dort verträglich sei und wie maßvolle Standorterweiterungen aussehen
könnten. Weitere Ansiedlungen eigenständiger Fachmärkte sollte nicht gestattet
werden. Der Ist-Bestand sei jedoch gesichert, d.h. es werde kein Baurecht
entzogen oder weggenommen und eine maßvolle Erweiterung bestehender Märkte sei
möglich.
Zum Schluss ging Herr Kamplade auf die Sortimentsliste
des Einzelhandelskonzeptes 2017 ein. Sie sei das „Herzstück“ des
Einzelhandelskonzeptes und blieb im Vergleich zum Jahr 2010 zu 95 %
unverändert. Hauptsächlich seien Klarstellungen von Sortimentsbezeichnungen
erfolgt. Als inhaltliche Änderung wird vorgeschlagen, dass der Jagd- und
Angelbedarfe sowie Fahrräder und deren technisches Zubehör zukünftig nicht
zentrenrelevante Sortimente darstellen.
Ratsmitglied Herr Lerch dankte Herrn
Kamplade für dessen interessante Darstellungen. Das Einzelhandelskonzept 2017
sei wegweisend für Landaus Entwicklung und würde die nächsten zehn bis 20 Jahre
beeinflussen. Eine richtige Abwägung sei entscheidend, damit eine Balance
zwischen Bewahren und Entwickeln gehalten werde. Herr Lerch lobte das ehrliche
Bemühen der Stadtverwaltung und wollte wissen, ob mit den betroffenen
Einzelhändlern, deren Sortiment zukünftig ggf. nicht mehr zentrenrelevant sein werde,
das Gespräch gesucht wurde, gerade auch um Übergangswege zu finden. Eine
moderate Entwicklung hielt er insgesamt für positiv.
Ratsmitglied Frau Vogler hielt die
Erstellung und nun die Fortschreibung des Konzeptes für einen richtigen Schritt
der Steuerung. Sie zog den Vergleich zu Neustadt an der Weinstraße, wo sich
„auf der grünen Wiese“ innenstadtrelevanter Einzelhandel ansiedeln konnte. Sie
war der Meinung, dass der Einzelhandel kreativ bleiben müsse, um Leute und
Kundschaft anziehen zu können. Das „Einkaufserlebnis Stadt“ solle am Leben
gehalten werden. Frau Vogler würde außerdem gerne an die Vermieter der
Ladengeschäfte appellieren, verantwortungsbewusst zu vermieten und nicht an den
„30. Handyladen“. Dies könne leider nicht über das Einzelhandelskonzept
gesteuert werden.
Ratsmitglied Herr Lichtenthäler war davon
überzeugt, dass die präsentierten Zahlen und Erläuterungen auch Ergebnis der
vorherigen Steuerung mit Restriktionen sei. Viele Autohäuser hätten sich
mittlerweile im Randbereich und den Stadteingängen angesiedelt, diese seien
aber nicht zentrenrelevant. Bemerkenswert sei, dass es dort keine
(Lebensmittel-)Discounter gebe. Herr Lichtenthäler erinnerte sich zudem an die
Entwicklung des Gewerbegebietes D9 und die rege Diskussion hinsichtlich der
Ansiedlung von Brautmoden. Herr Lichtenthäler verdeutlichte, dass er die
Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes positiv ansehe und es wichtig sei,
die Verbesserung der Nahversorgung anzugehen. Er signalisierte daher die
Zustimmung zum Auftakt der Fortschreibung. Allerdings sollte das Thema
„Fahrradhandel“ weiter diskutiert werden. Schließlich gebe es einen großen
Bestand im Innenbereich mit hoher Qualität.
Ratsmitglied Herr Freiermuth erinnerte sich
an den Workshop im Sommer 2017 im historischen Ratssaal und die Detailarbeit
mit dem Büro Junker+Kruse. Er hielt eine Feinplanung für wichtig, gerade auch
im Hinblick auf den erlittenen Rückschlag in Sachen Modepark Röther. Herr
Freiermuth zeigte sich überrascht, dass Neustadt an der Weinstraße in Bezug auf
die Verkaufsfläche schlechter als Landau in der Pfalz abschnitt.
Des Weiteren war Herr Freiermuth der Meinung, die
Obere Marktstraße stärker zu frequentieren. Auch würde der real!-Markt mit
seinem „gigantischem“ Angebot viel Kaufkraft von der Innenstadt abziehen –
mitunter, da dort die Parkplatzsuche problemloser sei. Hinsichtlich der
Fahrräder sah er ein Problem bei hochwertigen Elektrorädern, für die es keine
ausgiebige Probefahrt in der Fußgängerzone geben könnte. Weiterhin sah Herr
Freiermuth ein Problem darin, dass es im Landauer Westen eine Lücke bei der
Lebensmittelversorgung gebe. Viele Bürgerinnen und Bürger würden daher im
Edeka-Markt in Billigheim einkaufen. Zu guter Letzt betonte Herr Freiermuth,
dass er die Sitzungsvorlage begrüße und zustimmen werde.
Ratsmitglied Herr Wagner hielt
ebenfalls eine Feinsteuerung für sinnvoll. In Zeiten des Online-Handels sei im
Einzelhandel wichtig, mit besserem Service und Qualität zu überzeugen.
Ratsmitglied Herr Lerch bat um die
Protokollnotiz, mehrere Fahrradhändler bei der weiteren Bearbeitung des
Einzelhandelskonzeptes miteinzubeziehen. Der Vorsitzende bestätigte Herrn Lerch
direkt, dass eine Miteinbeziehung schon vereinbart wurde und auch zukünftig
erfolgen werde.
Ratsmitglied Herr Eisold wies zunächst
auf eine falsche Zahl in der Präsentation (Folie 3, Verkaufsfläche Wert 2010)
hin. Herr Kamplade dankte ihm und versprach, dies dem Büro Junker+Kruse
weiterzugeben.
Weiterhin stellte Herr Eisold fest, dass sich oftmals
Supermärkte wie ALDI und LIDL, vgl. Landauer Norden, zusammen ansiedeln würden.
Außerdem hatte Herr Eisold noch eine Verständnisfrage zu Apothekenwaren und
weshalb die Ärztehäuser Apothekenwaren anbieten dürften. Herr Kamplade nahm
Bezug auf letztere Frage und erklärte, dass Apothekenwaren wohnortnah und
dezentral angeboten werden können. Bestünde ein Zusammenhang mit einer Drogerie
oder einem Reformhaus wäre dies jedoch innenstadtrelevant. Eine klassische
Apotheke mit rezeptpflichtigen Artikeln könne sich hingegen auch im Wohngebiet
ansiedeln. Dies sei zulässig. Herr Eisold wollte daraufhin wissen, wie
medizinische und orthopädische Artikel gewertet werden. Herr Kamplade erklärte,
dass es sich hier um Ausnahmen (z.B. in D10 ein Versandhandel) handeln würde.
Herr Eisold fragte weiter, ob bei der Rubrik Elektronik und Multimedia der
Mediamarkt gemeint sei. Herr Kamplade antwortete, dass es sich bei der
Ansiedlung des Mediamarktes um eine begründete Ausnahme handelte. Dort werde
ein überwiegend zentrenrelevantes Sortiment angeboten, das vom Grunde her dort
nicht zulässig sei.
Zu guter Letzt sprach Herr Eisold den wachsenden Online-Handel an und dass jeder zweite Deutsche schon Kunde beim Online-Versand Amazon sei. Vielleicht könne hier der Einzelhandel reagieren und eine Verknüpfung herstellen. Hier handele es sich jedoch um ein gesellschaftliches Thema.
Da sich keine weiteren Wortmeldungen abzeichneten, empfahl der Bauausschuss dem Hauptausschuss und Stadtrat einstimmig, bei einer Befangenheit, nachfolgend genannte Beschlussvorschläge.