Sitzung: 16.04.2019 Bauausschuss
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Abstimmung: Ja: 16
Vorlage: 660/189/2019
Der Vorsitzende rief die
Informationsvorlage der Abteilung Mobilität und Verkehrsinfrastruktur vom
03.04.2019 auf, die im Anhang beigefügt ist. Der vorgelegte Entwurf des
Schlussberichts dient der Meinungsbildung im Bauausschuss und stellt das
Ergebnis einer intensiven Arbeit der beteiligten Fachabteilungen, des Büros PTV
und des beratenden Fachbeirats dar. Der Vorsitzende dankte allen Beteiligten,
die bei der Erstellung des Berichts mitgewirkt haben.
Die Mobilität des 21. Jahrhunderts stelle eine Herausforderung dar und der
öffentliche Verkehrsraum sei nur begrenzt für das immer weiter steigende
Mobilitätsbedürfnis „vermehrbar“. Der Vorsitzende erinnerte daran, dass vor dem
Mobilitätskonzept ebenfalls Untersuchungen, z.B. für den Radverkehr,
durchgeführt wurden. Diese Konzepte haben jedoch immer nur Teilverkehre
beleuchtet und keinen gesamthaften Überblick getroffen. Durch die Betrachtung
aller Verkehrsarten bildet das vorliegende Mobilitätskonzept nun die Grundlage
für Verbesserungen für alle Verkehrsarten und damit ein gutes Handwerkszeug für
die Gestaltung der Infrastruktur und der Mobilität der nächsten 10 bis 15
Jahre.
Weiterhin merkte der Vorsitzende an, dass es zunächst nicht um
Feinplanungen für einzelne Maßnahmen gehe, sondern vielmehr um die Umsetzung
einer Gesamtstrategie mit Festlegung von Prioritäten. Das Mobilitätskonzept sei
ein „lebendiges“ Konzept, das regelmäßig an die aktuellen Bedürfnisse der
Mobilität angepasst werden müsse und flexibel auf neue Entwicklungen reagieren
könne.
Bevor der Vorsitzende das Wort an Herrn Bernhard erteilte, erwähnte er,
dass die Modal Split-Untersuchungen der Technischen Universität Dresden
parallel zum Bericht des Mobilitätskonzeptes erarbeitet werden und die
Ergebnisse ebenfalls Grundlage der Mobilitäts- und Verkehrsplanung sein werden.
Herr Bernhard stellte die
wesentlichen Punkte des Mobilitätskonzeptes in einer Präsentation dar. Die in
der Bauausschusssitzung ebenfalls anwesende Frau Zeidler der PTV Group stehe
zudem im Anschluss für Fragen zur Verfügung.
Zu Beginn seines Vortrages erwähnte Herr Bernhard, dass die Stadt Landau
wachse und somit neben der Schaffung von Wohnraum auch Verkehrsräume „fit“ für
die Zukunft und für ein modernes sowie zukunftgerichtetes Mobilitätsverhalten
gemacht werden müssen. Dazu ist die Neugestaltung und Neuverteilung des
öffentlichen Raumes notwendig.
Im vergangenen Jahrhundert lag der Schwerpunkt beim Ausbau der
Verkehrsräume auf dem Kfz-Verkehr. Das Auto stand im Mittelpunkt. Dies wandelte
sich zu einer Betrachtung aller Verkehrsmittel. Auch das Thema „Umwelt“ fließt
als Oberziel neben der „Gesellschaft“ und der „Wirtschaft“ in das
Mobilitätskonzept mit ein.
Die Betrachtung der drei Oberziele, die jeweils noch in Teilziele
untergliedert sind, fließt in die Handlungsfelder und die Maßnahmenbewertung
ein. Ein Kernpunkt des Mobilitätskonzeptes der Stadt Landau liege in der
Definition von Vorrangnetzen für den Kfz-, Rad- und Fußgängerverkehr, so Herr
Bernhard. Die Gestaltung der Vorrangnetze werde nach den jeweiligen
Verkehrsarten ausgerichtet, wobei die anderen Verkehrsarten die Netze ebenfalls
nutzen können. Als Beispiele erläuterte Herr Bernhard die Vorrangnetze im
Bereich Westring (Kfz), Waffenstraße (Rad) sowie im Bereich Marienring (Kfz)
und Glacisstraße (Rad).
Weiterhin erläuterte Herr Bernhard die zehn Maßnahmenbündel und deren
Maßnahmenbausteine. Insgesamt gebe es derzeit 189 Einzelmaßnahmen, welche in
dem Schlussbericht aufgeführt wurden. Viele Ideen stammen aus der
Öffentlichkeit, die sich z.B. in einer interaktiven Karte mit ihren Belangen
einbringen konnte. Anhand einer Karte zeigte Herr Bernhard die Verortung der
Maßnahmen und erläuterte deren Bewertungen. Letztlich seien die Einzelmaßnahmen
die Grundlage für die Finanzplanung (hier: Bauprogramm) der nächsten Jahre.
Der Vorsitzende sprach
allen Beteiligten sein Kompliment aus. Die Erarbeitung des Schlussberichts habe
große Anerkennung verdient. Er übergab sodann das Wort an die
Ausschussmitglieder.
Ausschussmitglied Frau Dr. Migl hielt das vorgelegte Konzept für eine große Leistung und bezeichnete es
als gute Grundlage für weitere Entscheidungen. Besonders wichtig war Frau Dr.
Migl das Prinzip der „gleichberechtigten Teilhabe“ aller Verkehrsarten. In
diesem Zusammenhang wies sie auf das Defizit bei Radwegen. Nach Frau Dr. Migls
Auffassung, sollte daher das Thema „Verkehrsvermeidung“ stärker forciert
werden. Letzteres würde schließlich auch eine gute Grundlage für die Gesundheit
der Menschen bedeuten.
Ausschussmitglied Herr Lerch erwähnte, dass die Mobilität insgesamt in den Städten ein großes Thema
sei. Bei den Bürgerinnen und Bürgern Landaus habe das Thema Mobilität einen
hohen Stellenwert. Er merkte hierbei auch an, dass die Stadt Landau in Fragen
der Mobilität nicht schlecht aufgestellt sei.
Weiterhin erinnerte Herr Lerch in diesem Zuge auch an Anträge seiner
Stadtratsfraktion, die bewirkten, dass aufgezeigte Schwachstellen einzeln
behoben oder zumindest verbessert wurden. Herr Lerch zeigte sich erfreut, dass
nun im vorgelegten Mobilitätskonzept alle Bedarfe behandelt werden und sich
auch die Bürgerinnen und Bürger einbringen konnten.
Gut sei, so Herr Lerch, dass das Mobilitätskonzept flexibel auf
Entwicklungen reagieren könne und es auch die Entwicklung neuer Wohngebiete und
Antriebstechnologien berücksichtige. Zudem lege Herr Lerch Wert auf vernünftige
Abwägungen, wie er abschließend betonte.
Ausschussmitglied Herr Maier betonte, dass Einzelmaßnahmen nicht unbedingt wichtig seien. Vielmehr gehe
es darum, den „Geist“ des Mobilitätskonzeptes zu erhalten und ein Umdenken bei
den Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern herbeizuführen. Aus eigener
Erfahrung berichtete Herr Maier, dass die Nutzung des Busses ein positives
Erlebnis sein könne. Er regte auch an, sich selbst stets die Frage zu stellen,
ob man sich ins Auto setzen muss oder mein Ziel auch mit dem Bus erreichen
könnte. Dennoch war er ehrlich und gab zu, dass man zu stark auf den
Kfz-Verkehr ausgerichtet und oftmals zu bequem sei. Warum würden z.B. Pkw durch
die Waffenstraße fahren und nicht die breiten, auf den Pkw-Verkehr
ausgerichteten Ringstraßen nutzen? Letztlich sollte es das Ziel sein, weniger
Pkw-Verkehr zu generieren, öfter das Auto stehen zu lassen und somit das
Verkehrssystem zu entlasten.
Abschließend sprach er allen an der Ausarbeitung des Mobilitätskonzepts
beteiligten Personen seinen Respekt aus.
Ausschussmitglied Frau Heidbreder bezeichnete das Mobilitätskonzept als spannend und hielt es insgesamt für
einen umfassenden Prozess. Dennoch enthalte das Konzept einige Schwachstellen
und zeige Nachholbedarfe auf. Die Königstraße sollte z.B. für den beidseitigen
Radverkehr geöffnet werden. Dass die Öffnung nicht erfolgt sei, führte Frau
Heidbreder auf den fehlenden politischen Willen und das Scheitern des
Beteiligungsprozesses zurück.
Frau Heidbreder fand, dass gute Maßnahmen im Konzept enthalten seien.
Allerdings stellen sich ihr weitere Fragen: Welche Maßnahmen können tatsächlich
umgesetzt werden? Woran bemesse sich der Erfolg? Welche Zielmarke gebe es? Was
werde getan, um Emissionen zu reduzieren? Wie erfolgt die Priorisierung der
Maßnahmen und deren Umsetzung?
Weiterhin forderte Frau Heidbreder, dass die CO²-Bilanzierung mit konkreten
Indikatoren in die Betrachtung der Maßnahmen in das Mobilitätskonzept
einfließen sollte.
Zu guter Letzt zog Frau Heidbreder einen Vergleich mit der Stadt
Kopenhagen. Dort könne man bequem mit dem Fahrrad überall hingelangen. Die
Stadt Landau sollte sich dies zum Vorbild nehmen und entsprechende Gelder „in
die Hand nehmen“. Die in der An 44 ausgewiesene Fahrradstraße sei hierbei nur
„ein Tropfen auf dem heißen Stein“.
Ausschussmitglied Herr Freiermuth hielt das vorgestellte Konzept für gut, informativ und mit weitem
zeitlichen Ausblick. Es gebe „viel Bewegung“. Jedoch stellten sich Herrn
Freiermuth zukunftsrelevante Fragen: Werde die Elektromobilität sich
etablieren? Was sei mit jungen Menschen, die immer seltener einen Führerschein
machen würden?
Herr Freiermuth war davon überzeugt, dass die individuelle Kfz-Mobilität
nicht ganz verzichtbar sei. Es gebe aber bereits viele Bereiche, wo er kaum
noch Autos sehe.
Insgesamt war Herr Freiermuth der Meinung, dass sich Landau auf einem guten
Weg befände und nichts in „Stein gemeißelt“ wäre.
Herr Kamplade nahm Bezug
auf Frau Heidbreders Wortmeldung und den gezogenen Vergleich mit Kopenhagen. Er
dankte ihr für diese Art der Sichtweise.
Herr Kamplade erwähnte zudem, dass der deutliche Ausbau der Fahrradstraßen
mit einer Länge von insgesamt 2 km neuen Flächen in Landau durchaus Anerkennung
verdiene und bisher viel Geld in die Hand genommen wurde. Herrn Kamplade war
allerdings bewusst, dass es nach wie vor Problembereiche gebe und mehr Werbung
für den Umstieg auf das Rad betrieben werden müsste.
Herr Bernhard ergänzte
Herrn Kamplade und erklärte, dass bei den Lichtsignalanlagen Nachholbedarf
bestünde. Ansonsten sei die Stadt Landau nicht schlecht aufgestellt und die
„Knackpunkte“ seien der Verwaltung bekannt.
Herr Kamplade bezog
weiterhin Stellung zu Frau Heidbreders Äußerung über die Königstraße. Er
korrigierte sie dahingehend, dass der Prozess nicht gescheitert sei. Es wurde
lediglich nicht das erreicht, was von der Verwaltung als fachlich richtig
erachtet war. Die Diskussionen über den Um- bzw. Ausbau der Königstraße führten
schließlich dazu, dass andere Bereiche in der Stadt angegangen wurden und eine
Entscheidung zur Zukunft der Königstraße vertagt wurde. Dies sei demnach auch
als Ergebnis anzusehen, auch wenn es die Wenigsten zufrieden stellte.
Ausschussmitglied Herr Eichhorn merkte hinsichtlich der Elektromobilität an, dass sich ein Problem
bezüglich der Ladestationen entwickeln könnte. Er könne sich vorstellen, dass
es bei der steigenden Nachfrage von Elektrofahrzeugen schwieriger werden
könnte, eine freie Ladestation zu finden. Wie könnte diesem sich anbahnenden
Problem entgegengewirkt werden? Wie erfolge die Verteilung der Ladestationen?
Herr Bernhard nahm Bezug
auf Herrn Eichhorns Wortmeldung. Mit derzeit 30 Ladestationen sei Landau nicht
schlecht aufgestellt und der momentane Bedarf sei abgedeckt. Im Geoportal sowie
auf der Homepage der ESW (Energie Südwest) und via Apps können die Standorte
der Ladestationen eingesehen werden.
Der Vorsitzende sagte
ergänzend, dass kürzlich das „Handyparken“ eingeführt worden sei. Zudem rief er
ins Bewusstsein, dass die Fahrzeuge vermehrt mit Technologien ausgestattet
seien, welche das Auffinden von Ladestationen etc. deutlich vereinfachen
werden.
Ausschussmitglied Herr Lichtenthäler teilte die Ansicht, dass viele Maßnahmen angegangen wurden und die
Situation besser- als dies in den Medien publiziert war- sei. Im ADFC-Klimatest
landete die Stadt Landau allerdings auf einem hinteren Rang, was Herr
Lichtenthäler kritisch anmerkte.
Das Mobilitätskonzept beinhalte eine sehr gute Bestandsanalyse. Dennoch
merkte Herr Lichtenthäler an, dass es klare Defizite bei den Nord-Süd- und
Ost-West-Achsen gebe, die im Schlussbericht nicht näher beschrieben werden.
Ausschussmitglied Frau Heidbreder berichtete, dass sie täglich mit dem Rad fahre. Ihr gehe es aber auch
darum, weniger erfahrenen Menschen bzw. Zielgruppen, die mit dem Fahrrad
unterwegs seien, ein Sicherheitsgefühl im Straßenverkehr bieten zu können.
Denn: „Alle sollen sich sicher fühlen“.
Zudem fragte Frau Heidbreder die anwesende Mitarbeiterin der PTV Group,
Frau Zeidler, nach den Indikatoren für die CO²-Ermittlung.
Frau Zeidler erklärte,
dass es keine genauen CO²-Berechnungen gebe. Durch Verhaltensänderungen der
Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer seien Potentiale gegeben. Für
die Stadt Landau selbst gebe es kein Verkehrsmodell, so dass nur Tendenzen bei
der Betrachtung der CO²-Emissionen angenommen werden können.
Herr Bernhard ergänzte
Frau Zeidler und rief die Modal-Split-Untersuchung ins Bewusstsein. Diese würde
die Grundlage für weitere Untersuchungen und Maßnahmen bilden. Die Ergebnisse
werden für Ende des Jahres 2019 erwartet und sollten fortgeschrieben werden.
Herr Bernhard warb daher für eine weitere Beauftragung der TU Dresden. Anhand
fortgeschriebener Modal-Split-Werte könnten Zielaussagen definiert werden,
wohin sich die Mobilität in Landau und die Verkehrsverteilung in der Stadt
entwickeln soll.
Der Vorsitzende hob hervor,
dass der ADFC-Klimatest, welcher von Herrn Lichtenthäler zuvor angesprochen
wurde, ein Impuls für die Erstellung des Mobilitätskonzeptes war und Hinweise
für weitere Verbesserungen lieferte. Auch an der Kritik eines fehlenden
Fahrradverleihsystems des ADFC könne ein Haken gesetzt werden: Ab Herbst 2019
werde VRN-nextbike in Landau Standorte haben.
Seitens der Bauausschussmitglieder gab es keine weiteren Rückfragen, so
dass der Vorsitzende die Informationsvorlage als zur Kenntnis genommen erklärte
und nochmals die Fraktionen ermutigte, Ergänzungs- und Änderungswünsche im
Konzept rechtzeitig an die Verwaltung zu kommunizieren. Im Mai solle das
Mobilitätskonzept dann abschließend in den Gremien beschlossen werden.