Sitzung: 15.10.2019 Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Abstimmung: Ja: 16
Vorlage: 630/383/2019
Der Vorsitzende führte in
die Informationsvorlage der Bauordnungsabteilung vom 05.09.2019 ein, die der
Niederschrift als Anlage beigefügt ist, und erwähnte, dass es sich um eine
nicht ganz einfache baurechtliche Situation handeln würde. Er übergab das Wort
an Herrn Kamplade für weitere Erklärungen.
Herr Kamplade berichtete,
dass es sich bei dem Bauvorhaben um eine Nachverdichtungsmaßnahme in Form einer
Mehrfamilienhausbebauung mit fünf Wohneinheiten handele, für das eine alte
Baulücke geschlossen werden würde. Der umliegende Bebauungsplan beschränke die
Anzahl der Wohnungen in Wohngebäuden und regle eine maßvolle Verdichtung. Er
greife aber auf dem Baugrundstück nicht, so dass das Vorhaben nach § 34
Baugesetzbuch (BauGB) zu beurteilen sei. Ein zweieinhalbgeschossiges Gebäude
mit fünf Wohnungen in der dargestellten Form sei gemäß § 34 BauGB
genehmigungsfähig. Herr Kamplade empfahl dem Ausschuss, für das Grundstück
keinen Bebauungsplan aufzustellen, keine Veränderungssperren aufzuerlegen und
die Innenentwicklungsmaßnahme zu unterstützen.
Ausschussmitglied Frau Kleemann bezweifelte, dass es sich bei der Bauvoranfrage um eine Maßnahme im
Innenbereich drehe und hinterfragte die von Herrn Kamplade benannte „Baulücke“
und die Hinzuziehung des § 34 BauGB.
Herr Kamplade ging auf Frau
Kleemanns Aussage ein und erklärte, dass aufgrund der Fortführung der Bebauung
sowie der Einfügung des Bauvorhabens in die Umgebung § 34 BauGB herangezogen
werden könne. Hierbei spiele es keine Rolle, ob das Gebäude fünf Wohneinheiten
habe, sondern dass es sich hinsichtlich der Höhe und der Bauweise in die
Umgebung anpasse.
Ausschussmitglied Frau Kleemann war nach wie vor davon überzeugt, dass sich das Bauvorhaben nicht in die
Umgebung fügen würde.
Der Vorsitzende erinnerte
die Ausschussmitglieder daran, dass der Rechtsweg offen sei und dieser auch
beschritten werden könne.
Ausschussmitglied Frau Rocker erwähnte mögliche negative Auswirkungen bei nachfolgenden Bauvorhaben.
Frau Rocker befürchtete, dass demnächst viele Anfragen für dreigeschossige Gebäude
gestellt werden könnten.
Herr Kamplade nahm Bezug
auf Frau Rockers Wortmeldung und korrigierte sie dahingehend, dass in der
Umgebung ein Bebauungsplan die Nachverdichtung steuere. Zudem betonte Herr
Kamplade, dass die Bezeichnung „nähere Umgebung“ sich nicht auf die
unmittelbare Nachbarschaft beziehe. So sei entlang der Eichbornstraße bereits
eine ähnlich hohe Wohnbebauung vorhanden.
Ausschussmitglied Herr Lerch erinnerte daran, dass die vorliegende Vorlage lediglich eine
Informationsvorlage sei. Demnach wäre kein Beschluss zu fassen. Verhindern
könne man das Vorhaben nur, wenn es einen neuen Bebauungsplan geben würde.
Der Vorsitzende stimmte
Herrn Lerch zu und erwähnte, dass die Informationsvorlage nur zur Kenntnis
genommen werden könne. Zu bremsen sei das Bauvorhaben, wenn der Stadtrat sich
mit dem Thema befassen würde und ein Aufstellungsbeschluss mit allen
Konsequenzen gefasst werde. Die Verwaltung habe allerdings den Auftrag,
Nachverdichtungen, dort wo es verträglich sei, zu ermöglichen.
Stellvertretendes Ausschussmitglied Herr Hartmann appellierte an den Ausschuss, das Bauvorhaben
nicht zu stoppen. Eine Nachverdichtung werde dringend benötigt und bei der
vorgelegten Bauvoranfrage drehe es sich um ein sinnvolles Vorhaben. Juristisch
sei die Vorgehensweise der Verwaltung in Ordnung und das Vorhaben sollte
„politisch gewollt“ sein.
Ausschussmitglied Herr Eisold war sich hinsichtlich der Anwendung des § 34 BauGB unsicher und könnte
sich vorstellen, dass dieser enger ausgelegt wird. Herr Eisold erwähnte, dass
auch die Bauvorhaben „Landhaus Lang“ sowie im Triftweg zu Vorhaben des
Innenbereichs zählten. Gegen das Bauvorhaben klagen können letztlich nur die
Nachbarn.
Zu guter Letzt machte Herrn Eisold ein Hinweis des Bebauungsplans stutzig.
In diesem sei von einer „lockeren Villenbebauung“ und Begrünung die Rede. Die
vorgelegte Planung der Bauvoranfrage würde hierzu nicht passen.
Herr Kamplade ging auf die
Beispiele des Herrn Eisold hinsichtlich der Bebauung im Innenbereich ein.
Häufig gehe es um eine Mehrfamilienhausbebauung mitten in einem Quartier, das
von Ein- und Zweifamilienhäusern geprägt ist. Herr Kamplade betonte, dass § 34
BauGB kein Planersatz sei und es immer „Ausreißer“ geben werde, weil der
Maßstab des Einfügens oft nicht der Mittelwert sei, sondern das größte Gebäude
in der Umgebung. Dadurch könne stärker verdichtet werden. Wenn dies nicht
gewollt sei, müsse man bauleitplanerisch entgegenwirken. Hierfür bedürfe es
kurzfristig entsprechender Anträge und Beschlüsse im Stadtrat.
Ausschussmitglied Frau Rocker versuchte direkt, den Antrag zu stellen, damit das Bauvorhaben
zurückgezogen werden müsste.
Herr Kamplade erklärte dem
Ausschuss sowie Frau Rocker, dass die vorgelegte Informationsvorlage nicht
negativ beschieden werden könne. Der Stadtrat müsste die Verwaltung
beauftragen, entsprechende bauleitplanerische Schritte einzuleiten.
Der Vorsitzende
resümierte, dass bis zur nächsten Stadtratssitzung am 5. November 2019 kein
Bescheid zu dem Vorhaben erlassen wird und die Fraktionen sich bis dahin
überlegen müssten, ob sie eine Initiative gegen dieses Bauvorhaben ergreifen
möchten. Ansonsten erklärte der Vorsitzende die Informationsvorlage als zur
Kenntnis genommen.