Beschluss: mehrheitlich beschlossen/mit Änderungen

Abstimmung: Ja: 9, Nein: 2, Enthaltungen: 5, Befangen: 0

Beschlussvorschlag:

Der Hauptausschuss stimmt der unentgeltlichen Verlängerung des Veräußerungsverzichts (Grundstücksreservierung) für die Restfläche des Baufeldes 34 sowie das Baufeld 35 (verbleibende Fläche Süd) mit rund 6.000 m², die im beigefügten Lageplan (Anlage 1) gekennzeichnet ist, bis 31.01.2023 zu. Eine anschließende verzinsliche Verlängerung um bis zu drei weiteren Monaten ist auf Antrag möglich.

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen stimmt der Befreiung zur Überschreitung der östlichen Baulinie um 1,50 Meter auf einer Länge von 4,65 Metern für einen umbauten Garagenlift zur Tiefgarage (Anlage 2) zu und nimmt die fortentwickelte, eigenständige Planung für den 1. Bauabschnitt Nord unter Anwendung eines Teiles der im Dezember 2021 bereits unter Auflagen erteilten Befreiungen zur Kenntnis.

 

 


Der Vorsitzende führte in die Sitzungsvorlage der Wirtschaftsförderung in Zusammenarbeit mit der Bauordnungsabteilung vom 08.03.2022 ein, auf die verwiesen wird. In der hiesigen Ausschusssitzung gehe es um eine angepasste Planung des Bauherrn für den ersten Bauabschnitt des „Fitter Campus“, für die eine weitere Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes erteilt werden muss. Im bevorstehenden Hauptausschuss werde in Kürze auch über die Optionsvergabe für den Kauf des südlichen Grundstücks zu entscheiden sein. Für weitere Erläuterungen übergab der Vorsitzende das Wort an Herrn Kamplade.

 

Herr Kamplade erwähnte, dass man sich seit der letzten Beratung im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen intensiv mit dem Projekt „Fitter Campus“ beschäftigt habe. Nun liege eine deutlich fortentwickelte Planung vor. Demnach beabsichtige der Bauherr die nördliche Bebauung klar vom südlichen Teil des Grundstücks zu trennen. Der ursprünglich geplante Gebäuderiegel werde unterbrochen.

Herr Kamplade zeigte anhand einer Abfolge der eingereichten Planungen die Art und den Umfang der vom Bauherrn beantragten Befreiungen. Die Zustimmung einiger Befreiungen erfolgte bereits in der Ausschusssitzung vom 07.12.2021 und war an diverse Bedingungen geknüpft – insbesondere an den zu führenden Dialog mit der Nachbarschaft über das Gesamtprojekt und über Befreiungstatbestände (u.a. Sporthalle), die auf dem - heute nicht zur Diskussion stehenden - Südteil der Fläche relevant sein werden. Die in der Vorlage aufgeführten fünf Befreiungen würden auch die Bebauung des nördlichen Grundstücks betreffen, wovon wiederum eine Befreiung in Bezug auf einen Garagenlift neu hinzugekommen sei. Die Verwaltung könne aus städtebaulicher Sicht eine Zustimmung empfehlen, da die Grundzüge der Planung eingehalten werden und die Planung jetzt deutlich stärker nachbarschaftliche Belange berücksichtigt als dies ursprünglich der Fall war.

 

Ausschussmitglied Herr Baur werde sich insbesondere wegen der Thematik „Wegfall Photovoltaik“ enthalten.

 

Der Vorsitzende wies darauf hin, dass es zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs noch keine Verpflichtung im Sinne einer Solarrichtlinie für den Erwerber gab.

 

Ausschussmitglied Herr Löffel betonte, dass die CDU-Stadtratsfraktion die Veränderungen der Planungen anerkenne. Grundsätzlich drehe es sich um ein gutes Vorhaben, obwohl der Dialog mit den Nachbar:innen nicht abgeschlossen sei.

Weiterhin stellte Herr Löffel einen Änderungsantrag über die von der Verwaltung vorgelegten Beschlussvorschläge. Er schlug vor, das Geländer des Dachaufbaus nach hinten zu ziehen, und die Befreiung von der Traufhöhe an die Bedingung zu knüpfen, dass die Geländer an den Seiten, wo Wohnbebauung angrenzt, zurückzusetzen.

 

Der Vorsitzende werde nach der Fraktionsrunde entsprechend über Herrn Löffels Antrag abstimmen lassen.

 

Ausschussmitglied Herr Maier vermisste nach wie vor ein Gesamtkonzept des Bauvorhabens „Fitter Campus“. Die bereits erteilten Befreiungen waren deutlich an Bedingungen geknüpft. Herr Maier befürchte, dass nun eine „Salamitaktik“ seitens des Bauherrn verfolgt werde. Das bisherige Vorgehen des Bauherrn habe den Konflikt, insbesondere wegen der fehlenden Gespräche mit der Nachbarschaft, begünstigt. Aufgrund dessen erinnerte Herr Maier erneut an seine Forderung, die Nachbarschaft zukünftig im Vorfeld besser einzubeziehen und anzuhören. Im vorliegenden Fall habe der Bauherr in der Zwischenzeit Zugeständnisse gemacht, so dass sein Vorhaben insgesamt als verträglicher zu werten ist. Bedauerlicherweise würde den Anwohner:innen das Vertrauen an den Investor fehlen. Ein Bauvorhaben wie der „Fitter Campus“ bräuchte jedoch eine „breite Akzeptanz“. Aus den genannten Gründen werde er der Beschlussvorlage nicht zustimmen.

 

Ausschussmitglied Herr H. Eichhorn berichtete, dass die FWG-Stadtratsfraktion sich noch nicht abschließend beraten bzw. abstimmen konnte, weshalb sie sich bei der hiesigen Beschlussfassung enthalten werde.

 

Ausschussmitglied Herr Niederberger stellte fest, dass die Ausschussmitglieder sehr vorsichtig geworden sind und nahm Bezug auf die mehrfach geführte Diskussion. Letztlich hätte es seit Dezember 2021 genügend Zeit gegeben, einen Dialog mit der Anwohnerschaft zu führen. Die FDP-Stadtratsfraktion habe schließlich im März 2022 einen Bürgerdialog ins Leben gerufen, bei dem durchaus kritische Stimmen der Anwohner:innen laut wurden.

Weiterhin merkte Herr Niederberger an, dass in der hiesigen Ausschusssitzung lediglich über eine Befreiung zu beschließen sei. Neu sei, dass der nördliche Gebäudekomplex entkoppelt von der südlichen Bebauung wurde. Hinsichtlich des Antrags der CDU-Stadtratsfraktion zur Einrückung des Geländers regte Herr Niederberger an, das Gespräch mit dem Investor zu suchen.

Abschließend erwähnte Herr Niederberger, dass er das innovative Projekt begrüße.

 

Ausschussmitglied Herr Schmidt könne in Anbetracht der Gesamtabwägung den Beschlussvorschlägen der Verwaltung zustimmen. Die in reduzierter Form vorliegenden Planungen des Investors seien nachvollziehbar. Herr Schmidt gehe auch davon aus, dass die Umsetzung des geförderten Mietwohnungsbaus von den Abänderungen nicht betroffen sein werde. Hinsichtlich des kurzfristig gestellten Antrags der CDU werde sich Herr Schmidt enthalten.

 

Ausschussmitglied Frau Kleemann merkte an, dass das Projekt nicht optimal gelaufen sei. Da der Investor den Forderungen entgegengekommen sei, könne Frau Kleemann den Beschlussvorschlägen der Verwaltung zustimmen. Ein Geländer auf dem Dach könne zudem „gerne kommen“.

 

Ausschussmitglied Herr Maier richtete seine Wortmeldung an Herrn Niederberger und betonte, dass ein Dialog mit den Bürger:innen vor den Entscheidungen zu suchen sei und nicht während des Entscheidungsprozesses.

 

Herr Kamplade versicherte, dass die Quotierung für den sozialen Mietwohnungsbau weiterhin Anwendung finde. Da es sich allerdings um einen „Altfall“ handle, d.h. der Grundstücksverkauf liege schon länger zurück, gelte eine Quote von 25 %.

Herrn Maiers Befürchtung, der Bauherr wende eine „Salamitaktik“ an, konnte Herr Kamplade nicht teilen. Mit der Realisierung des ersten Bauabschnitts werde verdeutlicht, dass der Bauherr eine Gesamtentwicklung anstrebe. Der Fitter Campus solle letztlich als Ganzes realisiert werden. Die zu beschließenden Befreiungen würden sich nur auf das nördliche Grundstück und Bauvorhaben beziehen, weil derzeit nur dieses beantragt sei. Ein Automatismus für das südliche Grundstück sei somit ausgeschlossen. Das südliche Grundstück sei schließlich auch noch nicht an den Vorhabenträger veräußert worden. Vorgaben, z.B. hinsichtlich der Solarrichtlinie, können somit dem Vorhabenträger im Zuge des Grundstücksverkaufs noch auferlegt werden.

 

Der Vorsitzende betonte, dass der Investor durchaus die Problematik kenne. Sollte keine zufriedenstellende Einigung mit der Nachbarschaft erzielt werden, könne keine Veräußerung des südlichen Grundstücks an ihn erfolgen. Durch die neu vorgelegte Planung sei die Bebauung des nördlichen Grundstücks entkoppelt und als ein eigener Bauabschnitt anzusehen.

 

Ausschussmitglied Herr Eisold stellte mehrere Fragen: Gelten die erteilten Befreiungen von der Ausschusssitzung am 07.12.2021 noch? Könnte für das südliche Bauvorhaben eine Aufständerung für die Photovoltaikanlage möglich sein? Müsse die Tiefgarage nicht auch 3 m von der Grundstücksgrenze entfernt sein? Blockiere die Tiefgarage an der Grundstücksgrenze einen Dritten, falls das südliche Grundstück weiterveräußert werde? Welche Art von Gewerbe werde es im ersten Obergeschoss des Bauvorhabens geben?

 

Herr Kamplade ging auf Herrn Eisolds Fragen ein. Er bestätigte, dass die erteilten Befreiungen vom Dezember 2021 mit Auflagen mehrheitlich beschlossen wurden und es in der hiesigen Beschlussfassung nur noch um die Befreiung im Hinblick auf die Tiefgaragenzufahrt gehe. Aus Sicht der Verwaltung haben sich die Auflagen im Zusammenhang mit den im Dezember 2021 erteilten Befreiungen erledigt, da es einen eigenständigen ersten Bauabschnitt gibt.

Hinsichtlich der Frage zur Photovoltaik erklärte Herr Kamplade, dass sich das Bauamt in der Rolle der Genehmigungsbehörde befinde und letztlich nur genehmigen könne, was beantragt wurde. Es sei unzulässig, dem Bauherrn z.B. die Auflage zu erteilen, dass die Befreiung der Tiefgaragenzufahrt nur erfolge, wenn er Solaranlagen errichtet. Der Bauherr entscheide schlussendlich, ob er eine Solaranlage zusätzlich errichten wolle.

Zur Frage bezüglich der Abstandsflächen von Tiefgaragen antwortete Herr Kamplade, dass es keine Abstandsflächen unter der Erde gebe. Der Bauherr des südlichen Grundstücks müsse sich dann ggf. vorsichtig an die Außenwand vorarbeiten. Schließlich stellte er klar, dass im Obergeschoss Büro- und Wohnnutzungen beantragt seien.

 

Ausschussmitglied Herr Maier resümierte und erklärte, weshalb er die Anwendung einer „Salamitaktik“ vermute: Der Bauherr werde zunächst bauen wie beantragt. Dann könnte der Bauherr z.B. in drei Jahren eine Aufständerung auf dem Dach für die Solaranlagen beantragen. Werde zudem noch ein gewisser Druck seitens des Bauherrn ausgeübt, könne am Ende sogar eine Mehrheit für die spätere Aufständerung erreicht werden. Dies sei aus Herrn Maiers Sicht als „Salamitaktik“ zu bezeichnen.

 

Der Vorsitzende machte deutlich, dass Angelegenheiten des Bau- und Privatrechts gesondert voneinander zu betrachten seien. Im Hauptausschuss werde letztlich nicht über eine Aufständerung für Solaranlagen des ersten Bauabschnitts entschieden, sondern über eine Verlängerung der Kaufoption zum Grundstückserwerb des südlichen Grundstücks.

 

Ausschussmitglied Herr Löffel warb für seinen Änderungsantrag. Der Fitter Campus werde für gut befunden, dennoch müssen nachbarschaftliche Belange beachtet werden. Er richtete daher einen Appell an den Investor, eine Solarnutzung trotzdem in Erwägung zu ziehen.

 

Der Vorsitzende hielt fest, dass die Sitzungsvorlage in der bisher vorgelegten Fassung keine Mehrheit finden werde. Daher ließ der Vorsitzende über den Änderungsantrag der CDU-Stadtratsfraktion abstimmen:


Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen beschloss daraufhin mehrheitlich bei fünf Enthaltungen und zwei Gegenstimmen den nachfolgenden Beschlussvorschlag für den mit den in diesem Protokoll festgehaltenen Maßgaben zu.